Das Kammergericht Berlin musste das Amtsgericht Tiergarten sowie das Landgericht Berlin an selbstverständliches erinnern. Weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr konnte die Verhängung der Untersuchungshaft weiter tragen.

Fluchtgefahr soll nach einer gängigen Formel immer dann vorliegen, „wenn bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalles eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, der Beschuldigte werde sich zumindest für eine gewisse Zeit dem Strafverfahren – einschließlich der Strafvollstreckung – entziehen, als für die Erwartung, er werde sich dem Verfahren zur Verfügung halten“ (KG: Beschluss vom 11.07.2012 – 4 Ws 73/12 – 141 AR 363/12). Diese Voraussetzungen waren vorliegen nicht erfüllt. Der Angeklagte lebte bereits seit 31 Jahren in Berlin, hatte keine Kontakte in sein Herkunftsland und in Deutschland Kinder.

Auch Verdunkelungsgefahr als zweiter von den Vorinstanzen angenommener Haftgrund war nicht gegeben. Dies insbesondre deswegen, weil der Angeklagte längst geständig war und insofern auf die Beweisaufnahme keinen Einfluss nehmen konnte. Es gab nichts mehr zu verdunkeln. Dazu das Kammergericht:

„Die für den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr erforderliche konkrete Gefahr der Verdunkelung setzt voraus, dass die potentielle Verdunkelungshandlung objektiv (noch) geeignet ist, die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren. Daran fehlt es, wenn die Beweise in einer Weise gesichert sind, dass der Angeklagte die Wahrheitsermittlung nicht mehr mit Erfolg behindern könnte (hier: vom Gericht für glaubhaft erachtetes richterliches Geständnis sowie richterlich protokollierte Aussage der Geschädigten, die das erstinstanzliche Gericht für uneingeschränkt glaubhaft erachtet hat “ (KG: Beschluss vom 11.07.2012 – 4 Ws 73/12 – 141 AR 363/12).

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