Ein Klassiker aus dem Allgemeinen Teil des Strafrechts. Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe; hier am Beispiel der Beteiligung zu einer räuberischen Erpressung. Folgendes hatte sich zugetragen:
„Nach den Feststellungen nahm die Angeklagte in Umsetzung des Tatplanes unter einem falschen Namen telefonisch mit dem Geschädigten Kontakt auf, traf sich mit ihm und brachte ihn schließlich am späten Abend mit ihrem Fahrzeug zu dem abgelegenen Tatort. Dort stieg der Geschädigte aus. Nach ihrer unwiderlegt gebliebenen Einlassung fuhr die Angeklagte weiter, stellte ihr Fahrzeug in einiger Entfernung ab und blieb in diesem sitzen. Nach dem Aussteigen des Geschädigten nötigten die Mitangeklagten diesen unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für dessen Leib und Leben zur Übergabe von 9000 €, ohne hierauf einen Anspruch gehabt zu haben“ (BGH, Beschluss vom 12. 6. 2012 – 3 StR 166/12 (LG Neubrandenburg)).
War die räuberische Erpressung der Mitangeklagten, der Angeklagten in Mittäterschaft zuzurechnen oder hat sie lediglich Beihilfe geleistet, indem sie Kontakt zum späteren Opfer aufnahm und dieses an den Tatort verbrachte? Die Antwort wird vertagt, weil zur Beantwortung der Frage keine ausreichende Tatsachengrundlage festgestellt wurde. Nach den bisherigen Feststellungen jedenfalls, handelte es sich um Beihilfe, nicht um Mittäterschaft:
„Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (…). Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (…). Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (…). Erschöpft sich demgegenüber die Mitwirkung nach seiner Vorstellung in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so stellt seine Tatbeteiligung Beihilfe dar (…) (BGH, Beschluss vom 12. 6. 2012 – 3 StR 166/12 (LG Neubrandenburg)).
Da das Landgericht Neubrandenburg nicht nur versäumt hatte, eben diese Abgrenzung ihren Urteilsgründen zu Grunde zulegen, sondern bereits Feststellungen dazu missen ließ, „ob und in welcher Ausprägung die Angeklagte ein eigenes Interesse an der Tat sowie – über ihren eigenen Tatbeitrag hinaus – Tatherrschaft oder wenigstens den Willen dazu hatte“ (BGH, Beschluss vom 12. 6. 2012 – 3 StR 166/12 (LG Neubrandenburg)), hob der BGH das Urteil auf.