Angeklagte im Strafverfahren, die noch keinen von ihnen gewählten Strafverteidiger haben, bekommen vom Gericht einen sog. Pflichtverteidiger beigeordnet, wenn es sich um einen Fall der notwendigen Verteidigung handelt, der Angeklagte sich also nicht selbst verteidigen darf. Doch nicht jeder Betroffene ist immer zufrieden mit dem auserwählten Anwalt und es stellt sich die Frage, ob nicht ein anderer Anwalt bestellt werden kann.
Widerruf der Bestellung des Pflichtverteidigers aus wichtigem Grund
Aus Gründen der Verfahrensökonomie ist ein solcher Wechsel der Verteidigung nicht ohne Weiteres möglich um unter anderem zu verhindern, dass der Angeklagte das Verfahren verzögert. Aber auch wenn nicht ausdrücklich vorgesehen, ist anerkannt, dass über den Wortlaut des § 143 StPO hinaus der Widerruf der Bestellung des Pflichtverteidigers aus wichtigem Grund zulässig ist. Als wichtiger Grund kommt jeder Umstand in Frage, der den Zweck der Pflichtverteidigung, dem Angeklagten einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährdet. Die Beiordnung des ursprünglichen Verteidigers wird dann aufgehoben und ein neuer Verteidiger bestellt.
Allein der Wunsch des Angeklagten reicht nicht für einen Wechsel. Vielmehr muss dieser glaubhaft machen bzw. muss sonst ersichtlich sein, dass für den Wechsel ein wichtiger Grund besteht, insbesondere wenn das Vertrauensverhältnis zu dem bisherigen Verteidiger ohne Verschulden des Mandanten ernsthaft gestört ist.
Wann eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses gegeben ist
Voraussetzung für eine solche nachhaltige Störung ist, dass der Angeklagte konkrete Umstände darlegt und gegebenenfalls nachweist, die bei der gebotenen objektiven Betrachtung aus Sicht eines verständigen Angeklagten eine Erschütterung seines Vertrauens zu dem bestellten Pflichtverteidiger nahelegen und deshalb besorgen lassen, dass die Verteidigung objektiv nicht mehr sachgerecht geführt werden kann. Allein das subjektive Empfinden des Angeklagten reicht nicht aus. Auch bloße Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Angeklagten und dem Verteidiger, etwa politischer oder ideologischer Art, begründen keine Verpflichtung zur Rücknahme der Bestellung. Selbst verschiedene Auffassungen über die Verteidigungsstrategie legen eine solche Erschütterung grundsätzlich nicht nahe. Vielmehr müssen konkreten Tatsachen angegeben werden, warum die Bestellung zurückgenommen werden soll. Dies muss fundiert und ausführlich geschehen, damit das Verlangen nach Aufhebung der Beiordnung vom Gericht nachvollzogen werden kann.
Fazit
Grundsätzlich ist es möglich einen anderen als den gestellten Pflichtverteidiger zu bekommen. In der Praxis erweist sich dies jedoch als sehr schwierig. Beschuldigte können jedoch einen von ihnen schon zuvor gewählten Verteidiger als Pflichtverteidiger bestellen lassen. Auf Antrag des Wahlverteidigers wird dieser dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet, wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt. So ist es möglich, erst gar nicht in so eine Situation zu kommen.