Die in den §§ 283 ff. Strafgestzbuch (StGB) geregelten Insolvenzdelikte dienen primär dem Schutz des Gläubigervermögens sowie sekundär dem volkswirtschaftlichen Interesse an einem ordnungsgemäßen Insolvenzverfahren. Daneben spielt auch die Sicherung der Selbstinformation eines Unternehmers eine große Rolle. In § 283b StGB konkret wird die Verletzung einzelner Buchführungs- und Bilanzierungspflichten sanktioniert (Verletzung der Buchführungspflicht). Ausgestaltet ist das Delikt dabei als abstraktes Gefährdungsdelikt, es kommt also nicht auf die Verletzung eines Rechtsgutes an, sondern auf die Schaffung einer Gefahr. Dies wird dadurch gerechtfertigt, dass eine korrekte Rechnungslegung nach Ansicht des Gesetzgebers eine elementare Voraussetzung eines ordnungsgemäßen Wirtschaftslebens ist und ihre Missachtung eine Sanktionierung durch das Strafrecht notwendig macht.
Weitestgehend deckungsgleich zu den in den § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 StGB normierten Tathandlungen werden Verstöße gegen handelsrechtliche Aufzeichnungspflichten unter Strafe gestellt. Im Gegensatz zu § 283 StGB wird hier jedoch auf das Erfordernis einer Tatbegehung während einer wirtschaftlichen Krise verzichtet. Aus diesem Grund gilt § 283b StGB als Auffangtatbestand.
Verhältnis der Insolvenzdelikte
Der in § 283 StGB geregelte Bankrott ist die zentrale Norm des Insolvenzstrafrechts und formuliert zwei Tatbestände: Der erste betrifft die Vornahme bestimmter Tathandlungen
(§ 283 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 StGB) während einer wirtschaftlichen Krise, der zweite betrifft die Herbeiführung der eigenen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit durch die genannten Tathandlungen (§ 283 Abs. 2 StGB) – entscheidender Unterschied ist also der Zeitpunkt der Tathandlung. § 283a StGB nennt Regelbeispiele für besonders schwere Fälle mit deutlich angehobenem Strafrahmen. Wie bereits zuvor angedeutet stellt § 283b StGB die bereits von § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 StGB umschriebenen informationsbezogenen Bankrotthandlungen selbstständig unter Strafe, wobei auf das Erfordernis einer Tatbegehung während einer wirtschaftlichen Krise verzichtet wird.
Die Vorschrift der Gläubigerbegünstigung in § 283c StGB enthält im Vergleich zu § 283 StGB einen geminderten Strafrahmen für den Fall, dass der Täter zwar die Insolvenzmasse verringert, hierbei aber an einen Gläubiger leistet, der einen Anspruch besitzt. Die Schuldnerbegünstigung in § 283d StGB erstreckt die Strafbarkeit der Insolvenzdelikte zum Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger auch auf Außenstehende, die mit Einwilligung des Schuldners oder zu dessen Gunsten die Insolvenzmasse mindern.
Daneben kann Tateinheit mit dem Delikt der Untreue nach § 266 StGB gegeben sein, sofern der Täter als Sonderpflichtiger Vermögenswerte beiseiteschafft.
Täterkreis bei der Verletzung der Buchführungspflicht
Die Insolvenzdelikte sind sogenannte echte Sonderdelikte, deren tauglicher Täter nur der Schuldner sein kann, also in erster Linie der zivilrechtlich zur Leistung Verpflichtete. Darüber hinaus soll ebenso der für eine fremde Schuld zivilrechtlich Haftende erfasst sein. So sind auch persönlich haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft taugliche Täter, entsprechendes gilt unter Umständen für in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten sowie Bürgen. Eingegrenzt wird der der Täterkreis bei § 283b StGB (Verletzung der Buchführungspflicht) zudem auf buchführungs- und bilanzierungspflichtige Kaufleute und diesen gleichgestellten Personen. Ein enorm wichtiges Beispiel aus der Praxis sind hier Steuerberater, die über § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB ebenfalls umfasst sind, wenn sie ausdrücklich mit der eigenverantwortlichen Erstellung der Buchführung beauftragt sind.
Objektive Bedingung der Strafbarkeit
Voraussetzung der Strafbarkeit ist stets, dass der Täter seine Zahlungen eingestellt hat, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist. Der Täter hat seine Zahlungen eingestellt, wenn er aufhört, den wesentlichen und überwiegenden Teil seiner fälligen Geldschulden zu bezahlen und zwar wegen eines tatsächlich oder angeblich dauernden Mangels an den zur Zahlung erforderlichen Mitteln. Zahlungseinstellung ist nicht gleich Zahlungsunfähigkeit, da der Täter seine Zahlungen auch einstellen kann, wenn er nur irrig annimmt, zahlungsunfähig zu sein oder wenn er zahlungsunwillig ist. Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wie auch für die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse sind ausschließlich die Vorschriften der Insolvenzordnung maßgeblich.
Weiter muss zwischen dem Delikt und der objektiven Bedingung der Strafbarkeit ein tatsächlicher Zusammenhang bestehen. Konkret muss sich das Delikt so auswirken, dass es sich als eine gefahrerhöhende Folge darstellt. Wenn also ausgeschlossen werden kann, dass sich die Verletzung der Buchführungspflicht auf eine bereits feststehende aussichtslose Lage noch auswirken und zu einer Erhöhung der Gefährdung von Gläubigerinteressen führen konnte, ist eine Strafbarkeit nicht gegeben.
Tathandlung der Verletzung der Buchführungspflicht
Die Tathandlungen des § 283b StGB stimmen mit denen des § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 StGB überein. Zunächst macht sich derjenige strafbar, der Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird. Die Buchführungspflicht ergibt sich dabei aus dem Handels- und Gesellschaftsrecht. Diese Tatvariante ist in der Praxis von erheblicher Bedeutung. Von einem Unterlassen kann ausgegangen werden, wenn über einen erheblichen Zeitraum (mindestens für ein Geschäftsjahr) keine Bücher geführt werden. Mangelhaftigkeit der Buchführung liegt insbesondere bei Unvollständigkeit vor. Die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung bauen dabei auf den Prinzipien der Wahrheit, Vollständigkeit, Zeitgerechtigkeit und Klarheit auf und werden durch die Verkehrssitte präzisiert. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze führt zur Erschwerung der Übersicht über den Vermögensstand, wenn ein Sachverständiger allenfalls mühevoll und mit erheblichem Zeitaufwand Ermittlungen anstellen kann.
Bestraft wird zudem wer Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert. Besondere Bedeutung in diesem Zusammenhang hat § 257 HGB, der die Aufbewahrungsfristen für die einzelnen Tatobjekte normiert. Beachtet werden muss zudem § 241a HGB, der Einzelkaufleuten, die bestimmte Grenzen in Bezug auf Umsatzerlöse und Jahresüberschüsse nicht überschreiten, von der Buchführungspflicht entbinden. Führen diese dennoch Bücher, kann eine Strafbarkeit in Betracht kommen. Dies ist jedoch in Literatur und Rechtsprechung hoch umstritten.
Zudem werden die Fälle fehlerhafter sowie nicht oder nicht rechtzeitig aufgestellter Bilanzen oder Inventare sanktioniert. Eine Bilanz ist der das Verhältnis von Vermögen und Schulden darstellende Abschluss. Sie ist unabhängig vom Vermögensstand zu erstellen. Das Inventar ist die erforderliche Basis zur Bilanzerstellung und betrifft wie diese (jedoch ohne vergleichende Gegenüberstellung) das gesamte Vermögen. Damit soll die Möglichkeit des Überblicks über das Vermögen des Schuldners sichergestellt werden. Die entsprechenden gesetzlichen Anforderungen ergeben sich auch hier aus dem HGB und der Verkehrssitte.
Folgen der Verletzung der Buchführungspflicht
In strafrechtlicher Hinsicht sieht das Gesetz für einen Verstoß gegen § 283b StGB einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe vor. Bei fahrlässigem Handeln beträgt der Strafrahmen bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe.
Darüber hinaus kann die Verletzung von Buchführungspflichten auch unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten zu Konsequenzen führen. So kann das Finanzamt den steuerlichen Gewinn schätzen nach § 162 Abs. 2 AO, wenn die Beweiskraft der Bücher beeinträchtigt ist. Auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Einhaltung der Buchführungspflicht kommt in Betracht. Bei Kapitalgesellschaften wird ein Verstoß gegen die Publizierungspflicht des § 325 Abs. 1 Satz 1 HGB zudem regelmäßig mit einem Ordnungsgeld geahndet, das den Geschäftsführer persönlich trifft.
Möglichkeiten und Vorteile einer Einstellung
Beachten Sie, dass ein Strafverteidiger so früh wie nur möglich zu kontaktieren ist, nicht erst, wenn es tatsächlich zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Je eher Sie einen Strafverteidiger hinzuziehen, umso größer ist Ihr Handlungsspielraum. Diese kann für Sie Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen und Ihnen Ihre Optionen aufzeigen. Gerade im Ermittlungsverfahren lassen sich bereits wichtige Weichen stellen, um eine spätere Verurteilung zu vermeiden. So kommt eine Einstellung mangels hinreichendem Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 StPO in Betracht, darüber hinaus bestehen auch Einstellungsmöglichkeiten wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO) oder das Absehen von der Verfolgung unter Weisungen und Auflagen (§ 153a StPO) sowie das Abtrennen unwesentlicher Nebenstraftaten oder die Beschränkung der Strafverfolgung (§ 154 ff. StPO).
Für den Beschuldigten hat so eine Einstellung auf der Hand liegende Vorteile. Zum einen ist bei einer Einstellung im Ermittlungsverfahren keine mündliche Hauptverhandlung notwendig und es kann die teilweise verheerende Wirkung von „gesellschaftlichen Urteilen“ eingeschränkt werden. Zum anderen stellen die erteilten Auflagen und Weisungen keine Strafe dar und haben auch nicht deren Auswirkungen. Darüber hinaus kommt auch eine Lösung im Wege des Strafbefehlsverfahrens in Betracht, wenn es um Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von nicht über einem Jahr geht, auch hier findet keine mündliche Gerichtsverhandlung statt.
Sie sollten nicht außer Acht lassen, dass mit dem Vorwurf bestimmter Straftaten etliche sehr unangenehme Erfahrungen mit einhergehen können. Diese beschränken sich keineswegs nur auf den privaten Bereich, sondern entwickeln schnell auch berufliche Auswirkungen, die unabhängig von der Richtigkeit der Vorwürfe nicht selten ein Leben lang bleiben.
Richtiges Verhalten im Ermittlungsverfahren
Wird ein Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet, bedeutet das zunächst erst einmal nur, dass die Strafverfolgungsbehörden von einem Anfangsverdacht, also der Möglichkeit einer Straftat, ausgehen – nicht mehr und nicht weniger. An diesen Anfangsverdacht sind nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen. Eine kleine Unachtsamkeit oder ein Missverständnis können hier schon ausreichend sein. Erst wenn sich entsprechende Anhaltspunkte in den Ermittlungen ergeben, die eine spätere Verurteilung wahrscheinlich machen, entwickelt sich eine neue Qualität.
Wenn sie eine Vorladung zu einer polizeilichen Vernehmung erhalten, sollten Sie sich als erstes mit einem Strafverteidiger in Verbindung setzen. Auf keinen Fall sollten Sie ohne rechtlichen Beistand bei der Polizei erscheinen oder in sonstiger Form irgendwelche Angaben machen. Das Schweigerecht des Beschuldigten ist neben dem Recht auf Verteidigerkonsultation eines der tragenden Säulen des deutschen Strafverfahrens. Dies darf Ihnen nicht nachteilig ausgelegt werden. Sie sind zudem nicht verpflichtet, den polizeilichen Vernehmungstermin wahrzunehmen. Erst einer richterlichen Vorladung oder einer solchen der Staatsanwaltschaft müssen Sie nachkommen. Sehen sie die Vorladung als Chance, denn nun wissen Sie, dass gegen Sie ermittelt wird und können sich entsprechend mit einem Strafverteidiger abstimmen und beraten.