Der Bundesgerichtshof erinnert in einem Beschluss vom 04.03. 2010 am Beispiel einer Brandstiftung an die Voraussetzungen, die für die Annahme eines bedingten Vorsatzes erfüllt sein müssen: Ein bedingter Brandstiftungsvorsatz liegt nur vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs als möglich und nicht ganz fern liegend erkennt und damit in einer Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung entweder billigend in Kauf nimmt oder sich wenigstens mit ihr abfindet. Um dies festzustellen, bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände (vgl. BGH, Beschluss vom 4. 3. 2010 – 4 StR 62/10).

„Nach den Feststellungen zündete der Angeklagte – jeweils nach erheblichem Alkoholkonsum – am 3. und 17. 6. 2009 den Inhalt eines Mülleimers an, der nahe der gläsernen Schiebetür bzw. unmittelbar an der Gebäudewand eines Lebensmittelmarktes stand. Am 11. 6. 2009 zündete er einen direkt neben dem Eingang dieses Geschäfts stehenden, mit leeren Pappschachteln befüllten Karton an. In keinem der Fälle, die sich jeweils außerhalb der Geschäftszeiten ereigneten, kam es zu einem Übergreifen des Feuers auf das Gebäude; bei der Tat vom 11. 6. 2009 wurde allerdings infolge der Hitzeeinwirkung ein Fenster zerstört (BGH – 4 StR 62/10).

Das vorinstanzliche Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchter Brandstiftung in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten und ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.

Dieses Urteil hat nach Ansicht des BGH aus folgenden Gründen keinen Bestand:

„Die Strafkammer begründet ihre Annahme, der Angeklagte habe in allen 3 Fällen ein Übergreifen der Flammen auf das Gebäude billigend in Kauf genommen, allein damit, dass die in Brand gesetzten Behältnisse in unmittelbarer Nähe des Gebäudes standen. Sie meint, dass die Gefahr eines Übergreifens allgemeiner Lebenserfahrung entspräche und selbst einen unterdurchschnittlich begabten, erheblich alkoholisierten Menschen – wie dem Angeklagten – bewusst sei.

Diese Erwägungen genügen nicht den Anforderungen, die an die Begründung eines bedingten Brandstiftungsvorsatzes zu stellen sind. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs als möglich und nicht ganz fern liegend erkennt und damit in einer Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung entweder billigend in Kauf nimmt oder sich wenigstens mit ihr abfindet (vgl. BGHR StGB § STGB § 306 Beweiswürdigung 6). Um dies festzustellen, bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände.

Den Urteilsausführungen ist nicht zu entnehmen, dass das Landgericht eine solche vorgenommen hat. Dies wird besonders deutlich bei dem Tatgeschehen vom 17. 6. 2009: Nur 2 Wochen zuvor hatte der Angeklagte die Erfahrung gemacht, dass ein in gleicher Weise gelegter Brand nicht auf das Gebäude übergegriffen hatte. Dennoch änderte er seine Vorgehensweise nicht, um diesmal den Taterfolg sicher zu stellen. Darüber hinaus belegen die Urteilsfeststellungen – entgegen der Ansicht des Landgerichts – weder in diesem noch in den beiden weiteren Fällen, dass objektiv überhaupt die Gefahr eines Übergreifens des Feuers auf das Gebäude bestanden hat, aus welcher Rückschlüsse auf die innere Tatseite gezogen werden könnten; einen Brandsachverständigen hat das Landgericht hierzu nicht gehört“ (BGH – 4 StR 62/10).

Die Sache bedurfte daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

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