Dem Landgericht Kassel ist es gelungen, den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung nach § 255 i.V.m. § 250 Absatz I Nr. 1b StGB zu verurteilen, weil er bei seinem Überfall eine grellbunte Spielzeugpistole, die auch in ihrer Form einer echten Waffe nicht ähnelte, bei sich führte. Die dagegen Revision des Angeklagten erzielte einen Teilerfolg (BGH, Beschluss vom 11. 5. 2011 – 2 StR 618/10 (LG Kassel)).

Folgendes hatte sich zugetragen:

„Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Angeklagte am 12. 4. 2010 eine Sparkasse, nachdem er für die Tatausführung unmittelbar zuvor aus der Auslage eines Drogeriemarktes eine Wasserpistole entnommen hatte. Die grellbunte Spielzeugpistole, die auch in ihrer Form einer echten Waffe nicht ähnelte, verbarg er in seiner Jackentasche. Nach Betreten der Sparkasse begab sich der Angekl. zu dem Filialleiter und erklärte ihm, dass es sich um einen Banküberfall handele und er so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich haben wolle. Zugleich deutete er an, mit einer Schusswaffe bewaffnet zu sein, indem er seine Hand in die Jackentasche steckte und mit der darin befindlichen Wasserpistole eine zielende Bewegung machte. Der Filialleiter, der den in der Jackentasche verborgenen Gegenstand nicht sehen konnte, aber befürchtete, dass es sich um eine echte Waffe handelte, ging mit ihm zum Kassenraum. Dort befanden sich zwei weitere Bankangestellte, die in dem Angekl. den Täter wiedererkannten, der sie bei einem früheren Überfall im Vorjahr bereits mit einer echt aussehenden Pistole bedroht hatte. Sie sahen, dass der Angekl. mit einem in seiner Jackentasche verborgenen Gegenstand drohte, und gingen davon aus, dass er eine echte Schusswaffe mit sich führe. Daraufhin erhielt der Angekl. Bargeld in Höhe von 2490 € ausgehändigt“ (BGH, Beschluss vom 11. 5. 2011 – 2 StR 618/10 (LG Kassel)).

Nach Ansicht des Bundesgerichtshof trugen diese Feststellungen aus den folgenden Gründen lediglich einen Schuldspruch wegen – einfacher – räuberischer Erpressung (§ 255 i.V.m. § 249 Absatz I StGB):

„Ihnen ist zu entnehmen, dass der Angeklagte den Bankangestellten konkludent drohte, von einer Schusswaffe Gebrauch zu machen, falls sie sich seiner Forderung nach Herausgabe von Geld widersetzen sollten. Damit hat der Angekl. die Voraussetzungen der räuberischen Erpressung erfüllt. Für die Tatbestandserfüllung ist unerheblich, ob der Täter die Ausführung seiner Drohung beabsichtigt oder ob sie für ihn überhaupt realisierbar ist, solange er nur will, dass die Bedrohten – wie hier – die Ausführung der Drohung für möglich halten (…).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei der von dem Angeklagten verwendeten Wasserpistole indes um kein Werkzeug oder Mittel im Sinne der Vorschrift des § 250 Absatz I Nr. 1b StGB, um den Widerstand einer anderen Person durch Drohung mit Gewalt zu verhindern. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheiden als tatbestandsqualifizierende Drohungsmittel solche Gegenstände aus, bei denen die Drohungswirkung nicht auf dem objektiven Erscheinungsbild des Gegenstands selbst, sondern auf täuschenden Erklärungen des Täters beruht (…). Danach haftet einem zur Drohung eingesetzten vorgeblich gefährlichen Gegenstand keine objektive Scheinwirkung an, wenn seine objektive Ungefährlichkeit schon nach dem äußeren Erscheinungsbild offenkundig auf der Hand liegt. Für diese Beurteilung kommt es allein auf die Sicht eines objektiven Betrachters und nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall das Tatopfer eine solche Beobachtung tatsächlich machen konnte oder ob der Täter dies durch sein täuschendes Vorgehen gerade vereitelte (…).

Ein solcher Fall lag hier vor. Wie auch das Landgericht im Ausgangspunkt noch zutreffend erkannt hat, war die Wasserpistole nach ihrem äußeren Erscheinungsbild „nicht geeignet, den Anschein einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs zu erwecken, da sie nach Form und Farbe deutlich als Spielzeug zu klassifizieren gewesen wäre”. Keine Bedeutung kommt demgegenüber für die objektive Betrachtung des vom Angeklagten eingesetzten Gegenstands den vom Landgericht insoweit für maßgeblich erachteten weiteren Umständen des Tatgeschehens zu, dass die Wasserpistole von den Geschädigten in ihrem Erscheinungsbild nicht wahrgenommen werden konnte und nur aufgrund ihrer verdeckten Verwendung den vom Angekl. erstrebten Bedrohungseffekt entfaltete und dass die beiden Bankangestellten auf Grund des Wiedererkennens des Angeklagten aus ihrer Wahrnehmung der vermeintlich echten Waffe bei dem zuvor von ihm begangenen Überfall schlussfolgerten, dass der Angeklagte erneut mit einer echten Pistole drohen würde (BGH, Beschluss vom 11. 5. 2011 – 2 StR 618/10 (LG Kassel)).

Schlagwörter