Die Anwendbarkeit des § 315b StGB und also eine Bestrafung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ist zwar nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die konkrete Gefahr oder der Schaden außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums eintritt. Das Opfer, welches gefährdet sein soll, muss sich jedoch zu dem Zeitpunkt, in dem der Täter zu seinem Vorhaben ansetzt, im öffentlichen Verkehrsraum befunden haben.

Das Landgericht Hagen hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in 2 rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt und eine Maßregel gemäß §§ 69, 69a und b StGB angeordnet. Seine hiergegen gerichtete Revision erzielte einen Teilerfolg.

„Nach den Feststellungen (des Landgerichts Hagen) befindet sich das Bürogebäude der geschädigten Firma K im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes mit einem der Straßenseite abgewandten Eingang, der aus einer zweiflügeligen Glastür mit einer vorgebauten Betonstufe besteht. Zum Tatzeitpunkt hatte der Angeklagte das Mietfahrzeug, das er bei der Firma K zurückgeben wollte, auf dem durch eine unverschlossene Zufahrt erreichbaren gepflasterten Hof vor dem Eingangsbereich des Büros abgestellt. Als er beschloss, sich für die ihm seitens der Beschäftigten der Firma K widerfahrene, als ungerecht empfundene Behandlung zu rächen und das Bürogebäude mit dem als Rammbock eingesetzten Fahrzeug zu zerstören, befanden sich die beiden später verletzten Angestellten der Autovermietung, die Zeugin Ko und der Zeuge S, außen „unmittelbar vor der Glastür”, mithin auf der Betonstufe vor der Tür“.

Danach befand sich zwar der Angeklagte zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung im öffentlichen Verkehrsraum, nämlich auf einem für einen unbestimmten Personenkreis allgemein zugänglichen Kunden- und Besucherparkplatz eines mehrstöckigen Gebäudes (…), nicht aber die Geschädigten, die auf der unmittelbar zum Eingangsbereich des Büros der Firma K gehörenden Treppenstufe standen. Schon wegen des Höhenunterschiedes zu dem vorgelagerten Parkplatz rechnete diese Stufe, die den Zugang zu den Büroräumen der Firma K ermöglichte und an der nach den Urteilsfeststellungen der erste Zufahrtversuch des Angekl. scheiterte, nicht mehr zum öffentlichen Verkehrsraum“ (BGH, Beschluss vom 5. 10. 2011 – 4 StR 401/11 (LG Hagen)).

Dies begründet der BGH mit folgenden rechtlichen Erwägungen:

„Geschütztes Rechtsgut der Bestimmung des § 315b StGB ist die Sicherheit des Straßenverkehrs. Sie bezieht sich nur auf den öffentlichen Verkehrsraum. Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist daher, dass durch die Tathandlung in den Verkehr auf solchen Wegen und Plätzen eingegriffen worden ist, die – mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des Verfügungsberechtigten und ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse oder eine verwaltungsrechtliche Widmung – jedermann oder allgemein bestimmten Gruppen dauernd oder vorübergehend zur Benutzung offen stehen und auch in dieser Weise benutzt werden (…). Jedoch erfüllt nicht jede Tathandlung, die vom öffentlichen Straßenraum ausgeht, den objektiven Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Zwar wird die Anwendbarkeit der Strafvorschrift des § 315b StGB nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die konkrete Gefahr oder gar der Schaden außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums eintritt, etwa, wenn der Täter sein Opfer bereits von der öffentlichen Straße aus mit dem Fahrzeug verfolgt, aber erst außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums erfasst. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das Opfer in dem Zeitpunkt, in dem der Täter zur Verwirklichung des Tatbestandes der Straßenverkehrsgefährdung durch zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs als Waffe oder Schadenswerkzeug unmittelbar ansetzt, noch im öffentlichen Raum befindet, die abstrakte Gefahr also noch im öffentlichen Verkehrsraum entsteht. Hält sich das Opfer zu diesem Zeitpunkt außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums auf, fehlt es an einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit an einer tatbestandlichen Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 315b StGB“ BGH, Beschluss vom 5. 10. 2011 – 4 StR 401/11 (LG Hagen)).