Zur Frage, wann ein Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung den Tatbestand der Beleidigung i.S.d. § 185 StGB erfüllen kann, hat der BGH einen interessanten Beschluss gefasst (BGH, Beschluss vom 16. 2. 2012 – 3 StR 13/12 (LG Stralsund)).
Das Landgericht Stralsund verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung zur Freiheitsstrafe von 3 Monaten.
„Nach den Feststellungen näherte sich der seit dem Jahr 2000 in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Angeklagte einer Mitpatientin vollständig bekleidet von hinten, drückte sein Becken gegen ihr Gesäß und sagte „Hups, angedockt!”. Der Anstoß war so fest, dass die Geschädigte das nicht erigierte Geschlechtsteil des Angeklagten spürte und einige Schritte nach vorne machen musste, um die Kraft des Stoßes aufzufangen“ (BGH, Beschluss vom 16. 2. 2012 – 3 StR 13/12 (LG Stralsund)).
Beleidigung? Nicht ohne weiteres!
„In einer sexuell motivierten Handlung allein kann regelmäßig keine ehrverletzende Kundgabe von Missachtung gesehen werden. Ein Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung erfüllt nur dann den Tatbestand der Beleidigung, wenn nach den gesamten Umständen in dem Verhalten des Täters zugleich eine von ihm gewollte herabsetzende Bewertung des Opfers zu sehen ist (…) (BGH, Beschluss vom 16. 2. 2012 – 3 StR 13/12 (LG Stralsund)). Dies hatte das Landgericht Stralsund jedoch nicht hinreichend belegt.
Der Senat hatte das Verfahren übrigens gemäß § 153 II StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt. Begründung: „Eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung erscheint nicht sachgerecht, da selbst im Falle einer erneuten Verurteilung die Schuld des seit über 11 Jahren in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten Angeklagten sehr gering ist und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht besteht ((BGH, Beschluss vom 16. 2. 2012 – 3 StR 13/12 (LG Stralsund)).
Hätte man auch eher drauf kommen können.