Das Landgericht Krefeld hat mit einem Beschluss vom 13. 7. 2010 (Az.: 21 Qs 8 Js 353/10- 190/10) das Dunkel der Pflichtverteidigerbestellung bei Vollstreckung von Untersuchungshaft ein wenig erhellt. Es hat sich damit am Sinn und Zweck der Einführung des § 140 Absatz 1 Nr. 4 StPO orientiert: Der Stärkung der Rechte des Beschuldigten, insbesondere unter dem Gesichtspunkt seiner Verteidigung.
Folgende Grundsätze stellt das Gericht in seinem Beschluss auf:
„Nach § 140 I Nr. 4 und § 141 III S. 4 StPO ist dem Beschuldigten, gegen den U-Haft vollstreckt wird, unverzüglich ein Pflichtverteidiger zu bestellen. Hierbei muss der Grundsatz der Vertrauensbeziehung zwischen Beschuldigtem und Verteidiger berücksichtigt werden.
Diesem Postulat kann dadurch entsprochen werden, dass der Haftrichter dem Beschuldigten im Vorführungstermin gemäß § 142 I S. 1 StPO eine angemessene Frist zur Bezeichnung eines Verteidigers einräumt. Ein solches Vorgehen widerstreitet dem Gebot „unverzüglicher” Pflichtverteidigerbestellung nicht.
Unterbleibt die Fristsetzung und wird der Pflichtverteidiger sogleich bestellt, kann ein binnen kurzer Frist gestellter Antrag des Beschuldigten dazu führen, dass der bestellte gegen den vom Beschuldigten nunmehr benannten Verteidiger ausgewechselt werden muss, um dem Grundsatz des Vorrangs der Vertrauensbeziehung angemessen Rechnung zu tragen. Der für die Ablösung von Pflichtverteidigern ansonsten maßgebliche Grund einer Störung des Vertrauensverhältnisses spielt insoweit keine Rolle“ (LG Krefeld – 21 Qs 8 Js 353/10 – 190/10).
Es ist seit Einführung des § 142 I Nr. 4 StPO Anfang dieses Jahres – zumindest nach meiner Wahrnehmung – stete Rechtspraxis, dass den Beschuldigten ohne Einhaltung einer angemessenen Überlegensfrist ein Verteidiger beigeordnet wird, der vom Haftrichter ausgesucht wurde. Dass hierbei häufig konfliktscheue Verteidiger bestellt werden, ist aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar.
Benennt der Beschuldigte nach dieser Bestellung einen Verteidiger seiner Wahl – etwa von Mithäftlingen empfohlen – und möchte sich dieser gewählte Verteidiger beiordnen lassen, ist dies nach bisheriger Praxis ein schwieriges Unterfangen. Der zuerst beigeordnete, vom Gericht ausgesuchte Verteidiger wird schlicht nicht entpflichtet. Es bedarf einigen Begründungsaufwandes, das mangelnde Vertrauensverhältnis zu erklären, um auf diesem Wege eine Entpflichtung des alten Verteidigers zu bewirken. Meistens bleibt auch dies erfolglos.
Sofern sich andere Landgerichte der Praxis aus Krefeld anschließen, besteht Hoffnung:
Erfolgt die Pflichtverteidigerbestellung seitens des Haftrichters unverzüglich im Vorführungstermin, so kann auf Antrag des Beschuldigten der Pflichtverteidiger gegen den von ihm nunmehr bezeichneten Rechtsanwalt des Vertrauens ausgewechselt werden, ohne dass es auf eine Störung des Vertrauensverhältnisses zum bestellten Pflichtverteidiger ankommt. Dies soll zumindest für den Fall gelten, in dem „der Beschuldigte im Rahmen der Vorführung keinen Verteidiger benennen kann und er nicht ausdrücklich um sofortige Bestellung eines Pflichtverteidigers ersucht“ (LG Krefeld – 21 Qs 8 Js 353/10- 190/10).