Der Angeklagte erschien in der Wohnung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau, der späteren Nebenklägerin. In der Wohnung befand sich auch ein Freund der ehemaligen Ehefrau des Angeklagten. Den Freund erschoss der Angeklagte. Seine Tat kündigte der Angeklagte vorher an: „Wenn du nicht mit mir redest, dann muss er sterben“ oder „dann erschieße ich ihn“. Seine genaue Redewendung konnte nicht mehr festgestellt werden. Unter Vorhalten der Waffe forderte er die Nebenklägerin auf, mit ihm zu kommen. Sie fuhren in ein Hotel. Auf der Fahrt hierhin beteuerte die Nebenklägerin, dass sie ihn liebe, sie umfasste seine Hand mit ihrer Hand. Aus Angst.
Im Hotelzimmer angekommen forderte der Angeklagte die Nebenklägerin auf, sich auszuziehen. Er fragte sie, ob er mit ihr schlafen dürfe. Sie willigte ein. Er zog sich ebenfalls aus und legte seine Waffe zu seiner Kleidung. Sie vollzogen sodann vaginalen, analen und oralen Verkehr.
Wegen der Tötung des Freundes der Nebenklägerin wurde der Angeklagte wegen Mordes verurteilt. Wie aber war das Geschehen was sich danach ereignete rechtlich einzuordnen? Das Landgericht Düsseldorf war der Auffassung, der Angeklagte habe die Nebenklägerin vergewaltigt. Es verurteilte den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung unter Einbeziehung der Vorverurteilung wegen Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren. Seine hiergegen gerichtete Revision hatte mit der Sachrüge Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen festgehalten, dass vorausgegangene Gewalt, die der Täter ursprünglich aus anderen Gründen angewendet hatte, später in der Weise als Drohung aktualisiert werden kann, dass der Täter durch sein Verhalten ausdrücklich oder zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, er werde Gewaltanwendung wiederholen, sollte ihm das Opfer nunmehr nicht sexuell zu Willen sein. Nach Auffassung des Dritten Senats war diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragbar. Aus folgenden Gründen:
„Die vom Angeklagten in der Wohnung des Opfers ausgesprochene Drohung diente nicht dazu, die Nebenklägerin zu veranlassen, sexuelle Handlungen vorzunehmen oder zu erdulden. Eine spätere Aktualisierung dieser Drohung zur Durchsetzung der neu gefassten sexuellen Absichten des Angeklagten ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Es ist nicht festgestellt, dass der Angeklagte vor der Vornahme der sexuellen Handlungen in dem Hotelzimmer ausdrücklich oder zumindest konkludent auf die ursprüngliche Bedrohung Bezug nahm. Dafür könnte zwar etwa sprechen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin aufforderte, sich auszuziehen, und die Pistole in das Hotelzimmer mitgenommen hatte, auch wenn der Grund für letzteres nicht festgestellt ist. Andererseits begann der Angeklagte mit den sexuellen Handlungen erst, nachdem die Nebenklägerin sich ihm während der Autofahrt zugewendet und seine Frage, ob er mit ihr schlafen könne, entsprechend beantwortet hatte. Auch wenn dieses Verhalten der Nebenklägerin vor allem durch ihre Angst begründet war, hätte es vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf das Nachtatverhalten des Angekl. eindeutigerer Feststellungen bedurft, um eine finale Bedrohung zur Erzwingung der sexuellen Handlungen mit genügender Sicherheit zu belegen“ (BGH, Beschluss vom 16. 10. 2012 – 3 StR 385/12 (LG Düsseldorf)).