Ermittlungen in einem Strafverfahren wegen Kinderpornografie dauern häufig sehr lange. Dieser Umstand kann für den Beschuldigten eine enorme Belastung darstellen. Der Beschuldigte hat daher das Recht, dass ein Strafverfahren gegen ihn so schnell wie möglich geführt und beendet wird.
Das sogenannte Recht auf eine beschleunigte Erledigung ist Ausfluss des Rechts auf ein faires Verfahren, welches in Art. 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention geregelt ist. Folge eines übermäßig langen Strafverfahrens ist grundsätzlich eine Strafminderung, in seltenen Fällen sogar die Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses.
Grundsätze des Strafverfahrens bei Verdacht auf Kinderpornografie
In der Regel erfährt der Beschuldigte von einer Ermittlung wegen des Verdachts des Besitzes, des Erwerbs oder der Verbreitung kinderpornographischer Schriften dadurch, dass eine Hausdurchsuchung vorgenommen wird. Im Rahmen dieser Hausdurchsuchung werden alle Computer und Speichermedien sichergestellt, welche strafbares Material enthalten könnten. Für den Beschuldigten tritt schon zu diesem Zeitpunkt eine enorme Belastungssituation ein, zumal die Nachbarn schnell Kenntnis von der Hausdurchsuchung erlangen und der Beschuldigte möglicherweise zu Unrecht im privaten und beruflichen Umfeld ausgegrenzt wird.
Nachdem die Speichermedien sichergestellt wurden, werden diese von speziell geschulten Ermittlern auf strafbare Materialien untersucht. Das heißt dass Festplatten auf vorhandene und gelöschte Bilder und Videos untersucht werden und jede Datei vom Ermittler angeschaut wird, damit vorläufig beurteilt werden kann, ob strafbares Material vorliegt.
Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
Gerade weil die zur Ermittlung beauftragten Stellen maßlos überfordert sind, dauert der belastende Zustand der Unsicherheit für den Beschuldigten sehr lange an. Im Durchschnitt benötigen die Ermittler zur Auswertung jeglichen Materials bis zu 10 Monate. Diese lange Verfahrensdauer bietet dem erfahrenen Rechtsanwalt eine gute Verteidigungsmöglichkeit. Wann von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gesprochen werden kann, ist stets eine Einzelfallentscheidung. Hierbei kommt es insbesondere darauf an, wie viele Daten sichergestellt und untersucht werden mussten.
Aufgrund des schwerwiegenden Tatverdachts Kinderpornografie ist auch bei beruflich genutzten Computern eine neunmonatige Sicherstellung eines Computers zu Zwecken der Ermittlung rechtsstaatlich noch unbedenklich, selbst wenn die Ermittlung noch andauert (LG Ravensburg Beschluss vom 02.07.2014 – Az. 2 Qs 19/14).
In einem Verfahren mit 10.000 Bild- und Videodateien führte ein vierjähriges Ermittlungsverfahren mit anschließender einjähriger Gerichtsverhandlung hingegen zu einer deutlichen Strafverkürzung.
Strafminderung durch Verfahrensverzögerungen
Im Ergebnis führt die Verfahrensverzögerung in Kinderpornographie-Fällen in einigen Fällen zumindest zu einer Strafminderung. Private und berufliche Konsequenzen wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis lassen sich hingegen nicht vermeiden (Vgl. BVerwG Beschluss vom 26.08.2009 – Az. 2 B 66/09). Sollte sich der Verdacht einer Straftat jedoch früh erhärten, sollte eine Gerichtsverhandlung zum Schutz des Beschuldigten gänzlich vermieden werden und eine Einstellung des Verfahrens angestrebt werden. Hierfür sollte bereits nach Kenntniserlangung der Ermittlung in eigener Sache ein erfahrener Rechtsanwalt beauftragt werden, da dieser verschiedene rechtliche Möglichkeiten hat, um auf den Strafprozess Einfluss zu nehmen.