Der BGH hat seine Rechtssprechung bestätigt, wonach einem Angeklagten im Fall einer Verurteilung nach § 176 (Sexueller Mißbrauch von Kindern ) oder § 176a StGB (Schwerer sexueller Mißbrauch von Kindern) die fehlende Gewaltanwendung als solche nicht strafmildernd zu Gute gehalten werden darf.

Zum Sachverhalt:

Das Landgericht Halle hatte den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt und setzte die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung aus. Die Staatsanwaltschaft legte gegen dieses Urteil Revision ein. Diese blieb erfolglos. Hierzu heißt es:

Die Strafkammer durfte strafmildernd berücksichtigen, dass die Taten für die Opfer keine psychischen oder physischen Auswirkungen hatten und haben (…).

Die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts beruhen auch auf einer tragfähigen Grundlage. Die Strafkammer stützt sie – anders als die Revisionsführerin vorträgt – nicht nur auf die Angaben der Heimerzieherin und der Heimpädagogin, sondern zudem u.a. auf die Aussagen der Mütter der missbrauchten Kinder sowie die Angaben der Opfer selbst. Soweit die Staatsanwaltschaft meint, die Erzieherinnen könnten mangels fachlicher Qualifikation die seelischen Folgen der Taten für die Opfer nicht beurteilen, zeigt sie einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils nicht auf; eine zulässige Aufklärungsrüge hat sie hierzu nicht erhoben.

(…) Es begegnet auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht bei der Zumessung der Strafe im Fall 1 „positiv bewertet” hat, dass vom Angekl. „keinerlei direkter körperlicher Zwang oder Gewalt … ausging”.

Die fehlende Gewaltanwendung darf einem Angeklagten im Fall einer Verurteilung nach § 176 oder § 176a StGB als solche zwar nicht strafmildernd zu Gute gehalten werden (…). Die den oben zitierten Ausführungen voranstehenden Darlegungen, wonach die Durchführung des Oralverkehrs an dem Jungen für diesen nicht mit „besonderen Schmerzen auf Grund der Länge und/oder Intensität oder des Einsatzes von Gewalt (in welcher Form auch immer) [verbunden war], die über das durchschnittliche Maß hinausgehen, das mit dem Strafrahmen abgedeckt werden soll”, insbesondere aber die Darlegungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der von der StA beanstandeten Formulierung („… konnte die Kammer im unteren Bereich des Strafrahmens bleiben, da sie auch hier positiv bewertet hat, dass … [vom Angeklagten] keinerlei direkter körperlicher Zwang oder Gewalt” ausging), belegen indes, dass es der Strafkammer an dieser Stelle darauf ankam, die von ihr abzuurteilende Tat in den hierfür zur Verfügung stehenden Strafrahmen einzuordnen. Hiergegen ist nichts zu erinnern“ (BGH, Urteil vom 8. 12. 2011 – 4 StR 428/11 (LG Halle)).