Eine interessante Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), die zu der Frage Stellung nimmt, ab wann vom Besitz kinderpornographischer Schriften auszugehen ist und ob ein Besitzwillen nachgewiesen werden muss.

In der Vergangenheit hat sich vor allem das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit Überlegungen zum Tatbestand des Besitzes von Kinderpornographie i.S.d. § 184b StGB hervorgetan:

Speicherung der Kinderpornographie im Cache ausreichend

Einer Entscheidung des Hamburger Gerichts aus dem Jahre 2008 war noch zu entnehmen, dass Besitz kinderpornografischer Schriften zwar schon dann anzunehmen sei, wenn „mit der (automatisch erfolgenden) Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher des Computers der Computernutzer Besitz im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB erlangt (…), weil mit der – mittlerweile von nahezu allen gängigen Internetbrowsern vorgehaltenen – automatischen Speicherung aufgerufener Dateien im Cache-Speicher (…) der Nutzer diese Dateien auch nach Verlassen des Internets und selbst nach einem zwischenzeitlichen Abschalten des Computers jederzeit wieder aufrufen und ansehen (kann), so dass die für die Besitzerlangung erforderliche Herstellung eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ersichtlich gegeben“ ist (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 11.11.2008 – 1 – 53/08). Dies bedeutet, dass derjenige, der sich Kinderpornografie im Internet anschaut, den Tatbestand des § 184b StGB erfüllt. Einschränkend hat das Gericht jedoch verlangt, dass auch ein sogenannter Besitzwillen nachzuweisen sei. Wenn „der Wille des Angeklagten von vornherein darauf gerichtet war, sich der am Computerbildschirm aufgerufenen Bilddateien durch prompte Löschung des Internetcache umgehend und endgültig wieder zu entledigen“, war der subjektive Tatbestand des § 184b StGB nicht erfüllt (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 11.11.2008 – 1 – 53/08).

Herunterladen von Kinderpornos in den Arbeitsspeicher ausreichend

Dieser einschränkenden Auslegung hat  der zweite Senat des Oberlandesgerichts Hamburg einen Riegel vorgeschoben. Nach Auffassung des zweiten Senats sollte bereits „das gezielte Suchen und Herunterladen kinderpornographischer Dateien in den flüchtigen Arbeitsspeicher zum Zweck des bloßen Betrachtens“ zur Erfüllung des Tatbestandes reichen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 15.02.2010 – 2-27/09). 

Das bloße Betrachten von Kinderpornografie ist also dann straflos, wenn dem Betrachter nicht nachgewiesen werden kann, dass er sich bewusst war, dass die Daten im Browser-Cache gespeichert werden und/oder diese Daten nach dem Betrachten wieder hieraus gelöscht wurden.

Bewusstsein über das Vorhandensein der kinderpornographischen Schriften erforderlich

Dieser sehr weiten Auslegung des Tatbestandes des § 184b StGB erteilt der BGH – quasi im Vorbeigehen – eine Absage:

„Besitz an einer kinderpornographischen Datei erlangt, wer die Verfügungsgewalt über das Speichermedium hat, auf dem diese sich befindet (…). Dateien werden bei ihrem Aufruf im Internet regelmäßig im Cache-Speicher der Festplatte gespeichert. Mit diesem Speichern einer Datei im Cache-Speicher erlangt der Nutzer hieran Besitz – sofern er sich des Vorhandenseins dieser Daten bewusst ist – da es ihm möglich ist, diese jederzeit wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht werden (…)“ (BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 – 2 StR 151/11).

Fazit:

  • Nicht auf das Laden der kinderpornographischen Daten in den Arbeitsspeicher, sondern in den Cache-Speicher der Festplatte, also den Browser-Cache ist abzustellen.
  • Der Betroffene muss sich des Vorhandenseins dieser Daten im Browser-Cache bewusst sein.
  • Werden die Daten manuell oder systembedingt nach dem Betrachten automatisch gelöscht, ist von einer Besitzbegründung i.S.d. § 184b StGB nicht auszugehen.

Hinweis:
Das ist ein alter Beitrag. Aktuelle Informationen zu § 184b StGB finden Sie hier: Kinderpornographie im Strafrecht.