Häufig, sehr häufig muss ich der Bundesgerichtshof in letzter Zeit mit der Frage auseinandersetzten, ob das Tatgericht die Jugendstrafe in beanstandungsfreier Weise zugemessen hat.  

Das Landgericht Rostock hatte den Angeklagten wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt (BGH, Beschluss vom 2. 8. 2012 – 3 StR 209/12 (LG Rostock)).

Das Landgericht hatte sich aber nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob, wegen des bestehenden Vorrang des Erziehungszwecks, zur Zeit der Hauptverhandlung überhaupt noch Erziehungsdefizite bei dem Jugendlichen vorhanden waren, die eine Jugendstrafe zur Einwirkung auf den Jugendlichen erforderlich machten. Die Revision des Angeklagten war insofern erfolgreich. Seine Entscheidung begründet der Bundesgerichtshof wie folgt:

„Die Strafzumessung hält der Nachprüfung nicht stand. Zwar begegnet die Entscheidung der Jugendkammer, wegen der Schwere der Schuld sei die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich (§ 17 Absatz II Alt. 2 JGG), keinen rechtlichen Bedenken. Indes kann die konkrete Bemessung der Jugendstrafe nicht bestehen bleiben. Die rechtsfehlerfreie Feststellung des Landgerichts, schädliche Neigungen des Angeklagten lägen nicht mehr vor, da sich „sein Leben mit Aufgabe des Drogenkonsums und Aufnahme einer regelmäßigen Arbeitstätigkeit stabilisiert” habe, und der im Rahmen der konkreten Strafzumessung zu seinen Gunsten gewertete Umstand, dass sein „Leben inzwischen in geordneten Bahnen verläuft”, boten hier – auch wegen des nicht unerheblichen Abstandes zwischen der Tat und der Hauptverhandlung von rund 1 Jahr und 5 Monaten – mit Blick auf den Vorrang des Erziehungszwecks auch bei der Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld (…) Anlass zu der Prüfung, ob und ggf. welche Erziehungsdefizite bei dem zur Zeit der Hauptverhandlung über 22 Jahre alten Angekl. zu diesem Zeitpunkt noch vorlagen. Daran fehlt es ebenso wie an der unter den gegebenen Umständen gebotenen Abwägung zwischen dem Tatunrecht und den Folgen der Verbüßung der verhängten unbedingten Jugendstrafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten (..)(BGH, Beschluss vom 2. 8. 2012 – 3 StR 209/12 (LG Rostock)).