Einer der in der breiten Bevölkerung zu den bekannteren Straftatbeständen zählende ist die Unterschlagung gemäß § 246 Strafgesetzbuch (StGB). Sie gehört auch zu den Delikten, mit denen sich Rechtsanwälte bzw. Strafverteidiger häufig befassen müssen. Denn sie ist ein Auffangtatbestand für alle Formen der rechtswidrigen Zueignung fremder Sachen und daher oft zumindest inzident vom Rechtsanwalt zu prüfen. Diese Subsidiarität ist in § 246 Abs. 1 StGB gesetzlich angeordnet. Das heißt, sie tritt im Falle einer Verurteilung im Schuldspruch hinter anderen Zueignungsdelikten wie etwa dem Diebstahl zurück.
Vom Deliktstypus her handelt es sich bei der Unterschlagung um ein sogenanntes Vermögensdelikt im weiteren Sinne, genauer gesagt ein Eigentumsdelikt. Das durch § 246 StGB geschützte Rechtsgut ist also das private Eigentum, sofern es sich dabei um einen körperlichen Gegenstand handelt. Bezogen auf die Tathandlung kann man auch von einem Zueignungsdelikt sprechen. Da es für die Tatbestandserfüllung auf die tatsächlich erfolgte Zueignung ankommt, normiert der § 246 StGB ebenso ein Erfolgsdelikt.
Was ist der Tatbestand der Unterschlagung?
Wie Ihnen jeder Fachanwalt für Strafrecht mitteilen wird, handelt es sich um einen in seiner jetzigen Form vergleichsweise jungen Straftatbestand. Das am 1. April 1998 in Kraft getretene 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts ließ die Gewahrsamsklausel der alten Fassung entfallen, sodass nunmehr auch derjenige den objektiven Tatbestand erfüllen kann, der keinen Besitz oder Gewahrsam an der unterschlagenen Sache im Zeitpunkt der Zueignung innehatte. Dadurch können nun etwa die zuvor umstrittenen Fälle einer Unterschlagung von gefundenen Sachen problemlos unter § 246 StGB gefasst werden. Ferner wurde nun auch die Drittzueignung explizit erfasst, um zuvor bestehende Unklarheiten auszuräumen und die bereits erwähnte Subsidiaritätsklausel eingeführt.
Was unterscheidet die Unterschlagung vom Diebstahl?
Im Unterschied zum Diebstahl ist für die Vollendung der Unterschlagung kein Gewahrsamswechsel, sondern eine objektive Verletzung des Rechtsguts Eigentum vorausgesetzt. Während im § 242 StGB der Täter diese in der rechtswidrigen Zueignung liegende Beeinträchtigung nur erstreben muss, verlangt § 246 StGB insoweit eine tatsächliche Beeinträchtigung der Verfügungsgewalt des Eigentümers über die Sache. Dieser Zueignungswille muss sich zusätzlich auch manifestieren. Welche Anforderungen daran im Einzelnen zu stellen sind, ist umstritten. Die überwiegend vertretene Ansicht stellt aber darauf ab, ob ein nach außen erkennbares Verhalten des Täters aus Sicht eines neutralen Dritten verlässlich zum Ausdruck bringt, dass der Täter die fremde bewegliche Sache behalten will. Stellt jemand ein fremdes Buch in das eigene Regal, so ist nicht zwingend von der Manifestation eines Zueignungswillens auszugehen. Streicht diese Person jedoch den Namen des Eigentümers heraus und/oder schreibt sie ihren eigenen hinein, so wird eine Manifestation zu bejahen sein. Auch muss die Zueignung zur Erfüllung des objektiven Tatbestands rechtswidrig sein, was grundsätzlich zu bejahen ist, sofern der Täter keinen fälligen und einredefreien Anspruch auf Übereignung, etwa aus einem Kaufvertrag gemäß § 433 BGB, der unterschlagenen Sache hat.
Ist der Versuch einer Unterschlagung strafbar?
Auch der Versuch einer Unterschlagung ist gemäß §§ 246 Abs. 3, 23 Abs. 1, 12 Abs. 2 StGB strafbar. Straflos bleibt hingegen, wer fahrlässig, also quasi „aus Versehen“ eine fremde Sache behält. Denn ohne Vorsatz oder ausdrückliche Strafandrohung einer fahrlässigen Tatbestandsverwirklichung, wie etwa bei der fahrlässigen Körperverletzung nach § 229 StGB, bleibt die Zueignung strafrechtlich unbeachtlich. Freilich sieht sich die Person weiterhin zivilrechtlichen Ansprüchen wie etwa dem Herausgabeanspruch des Eigentümers gemäß § 985 BGB ausgesetzt.
Was ist eine veruntreuende Unterschlagung?
Zu erwähnen ist ferner die veruntreuende Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 2. Sie ist der Qualifikationstatbestand des Abs. 1. Sie bedroht die Unterschlagung anvertrauter Sachen mit höherer Strafe. Anvertraut ist nach herrschender Meinung eine Sache, die der Täter vom Eigentümer oder einem Dritten mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zu einem bestimmten Zweck zu verwenden, aufzubewahren oder auch nur zurückzugeben.
Wann verjährt die Unterschlagung?
Auch ist diese Unterscheidung zwischen Grunddelikt und Qualifikation wichtig für die Verjährung als Prozessvoraussetzung bei der gerichtlichen Strafverfolgung. Hierauf sollte Sie Ihr Rechtsanwalt immer hinweisen. Die einfache Unterschlagung verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 5 nach drei Jahren, die veruntreuende Unterschlagung nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 nach fünf Jahren. Die Frist beginnt mit der Beendigung der Tat, d.h. mit der Begründung der konkreten Gefahr der Enteignung des Opfers (§ 78a S. 2). Ist die Tat verjährt, so muss je nach Verfahrensstand gemäß der Strafprozessordnung (StPO) entweder die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren einstellen oder das Gericht das Zwischen- bzw. Hauptverfahren.
Wird die Unterschlagung geringwertiger Sachen verfolgt?
Es gibt aber auch Sonderfälle, wie jeder Rechtsanwalt weiß. Ist durch die Unterschlagung ein Haus- oder Familienangehöriger des Täters verletzt bzw. ist die unterschlagene Sache geringwertig, wird die Tat nur auf Antrag verfolgt (§§ 247, 248a StGB). In diesem Fall ist die Unterschlagung dann zusätzlich zu den bereits genannten Deliktstypen ein relatives Antragsdelikt. Geringwertig ist eine Sache grundsätzlich dann, wenn sie einen Verkehrswert von etwa 50 Euro im Zeitpunkt der Tat nicht überschreitet. §248a lässt es aber bei fehlendem Antrag für die Zulässigkeit der Strafverfolgung genügen, dass die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse daran bejaht. Wann ein solches vorliegt, entscheidet die Staatsanwaltschaft schwer vorhersehbar nach eigenem Ermessen. Diese Entscheidung ist dann auch nicht gerichtlich überprüfbar.
Wann kommt es zu einem Eintrag in das Führungszeugnis?
Ist es nun zu einer Verurteilung gekommen, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese auf das polizeiliche Führungszeugnis hat. Viele Arbeitgeber bestehen schließlich darauf. Auch kann es für die Erteilung von Visa eine Rolle spielen. Nicht alle Straftaten werden mit einem Eintrag ins Führungszeugnis gekennzeichnet: sogenannte kleinere Erstverurteilungen mit einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen bzw. einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten finden keinen Eintrag in das Führungszeugnis. Eintragungen werden außerdem nach einer gewissen Dauer, meist nach ein paar Jahren, wieder gelöscht. Ausschlaggebend hierfür ist stets das Strafmaß. Dass auch eine Unterschlagung in diese Kategorie fällt, ist insbesondere bei geringwertigen Tatobjekten von erstmals verurteilten Tätern sehr wahrscheinlich. Mit steigendem Sachwert und der Länge des Vorstrafenregisters sinken hingegen auch die Chancen auf eine Nichteintragung.
Sollte ich einen Rechtsanwalt einschalten?
Doch auch, wenn die Folgen einer Unterschlagung mit der Zeit zumindest registertechnisch wieder verschwinden können, so ist mit Strafverfahren dennoch nicht zu spaßen.
Juristen mit letztgenannter Zusatzqualifikation haben bereits ein bestimmtes Kontingent an Fällen bearbeitet und mehrere Fortbildungen hinter sich. Dort sind Sie in den besten Händen. Sie brauchen zwar nicht zwingend einen Strafverteidiger, wie der Umkehrschluss aus § 137 I StPO nahe legt. Jedoch ergeben sich eine Vielzahl von Fallstricken durch unvorsichtige Aussagen vor Gericht, vor denen Sie Ihr Rechtsanwalt bewahren kann. Ein guter Verteidiger ist die Investition wert.
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