Leitsatz des Bearbeiters:

  • Eine heimliche Überwachung von Ehegattengesprächen in einem eigens dafür zugewiesenen separaten Besuchsraum in der Untersuchungshaftanstalt, verstößt gegen den Grundsatz des Angeklagten auf ein faires Verfahren.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 29. 04. 2009 ein Urteil erlassen, dem im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde liegt (stark abgekürzt, s. insgesamt: BGH – 1 StR 701/08):

„Mit Beschluss vom 25. September 2007 ordnete der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Kempten auf Antrag der Staatsanwaltschaft an, dass Besuchskontakte zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau in der Untersuchungshaft in einem separaten Raum durchzuführen und die dabei geführten Gespräche mittels Anbringung von Mikrofonen abzuhören und aufzuzeichnen seien. Die Anordnung wurde darauf gestützt, dass nach den bisherigen Ermittlungen davon ausgegangen werden müsse, dass der Angeklagte (seine Geliebte) getötet habe. Sie sei seit einem Treffen mit dem Angeklagten am 17. September 2007 spurlos verschwunden. Die Angaben des Angeklagten, (seine Geliebte) sei während des Treffens auf ihrem Mobiltelefon angerufen worden, habe russisch mit dem Anrufer gesprochen und sei im Anschluss an das Treffen mit dem Angeklagten zu zwei Russen ins Auto gestiegen, seien aufgrund der eingeholten Telefonverbindungsdaten widerlegt. Es sei deshalb zu erwarten, dass der Angeklagte mit seiner Ehefrau Einzelheiten zur Tat besprechen werde. Ohne die Abhörmaßnahme seien die weiteren Ermittlungen aussichtslos oder würden wesentlich erschwert.

In Vollziehung der ermittlungsrichterlichen Anordnung wurden die Gespräche des Angeklagten mit seiner Ehefrau bei deren jeweils halbstündigen Besuchen in der Untersuchungshaft von beiden unbemerkt akustisch überwacht. Die Gespräche fanden jeweils in einem separaten Raum der Haftanstalt statt; dabei wurde – entsprechend der richterlichen Anordnung – seitens der Ermittlungsbehörden bewusst auf die sonst übliche Anwesenheit einer Aufsichtsperson verzichtet, sodass dem Angeklagten, der sich mit seiner Ehefrau in seiner Muttersprache unterhalten konnte, der Eindruck einer unüberwachten Gesprächssituation vermittelt wurde. Um gleichwohl eine Verwertung der Äußerungen des Angeklagten gegenüber seiner Ehefrau zu ermöglichen, wurden die Gespräche mittels einer Abhöreinrichtung elektronisch aufgezeichnet und zudem in einen Nebenraum übertragen, wo sie von einer Dolmetscherin mitgehört wurden. Auf der Grundlage der elektronischen Gesprächsaufzeichnung fertigte die Dolmetscherin anschließend noch eine wörtliche Übersetzung in schriftlicher Form. Hierdurch wurde auch dokumentiert, dass der Angeklagte bei dem am 15. Oktober 2007 aufgezeichneten Gespräch seiner Ehefrau mitgeteilt hatte, dass die (Geliebte) tot sei. In dem aufgezeichneten Gespräch forderte der Angeklagte seine Ehefrau mehrfach auf, ihm ein Alibi zu verschaffen. Sie solle eine Videonachricht anfertigen und an die Staatsanwaltschaft und seine Verteidiger schicken. Darin solle sie die Verantwortung für den Tod (seiner Geliebten) auf sich nehmen und behaupten, sie habe aus Eifersucht zwei russische Auftragsmörder engagiert, die (seine Geliebte) für 30.000,– Euro getötet hätten. Anschließend solle seine Ehefrau nach Italien fliehen.
Am fünften Hauptverhandlungstag wurde die Niederschrift dieses aus der marokkanischen Sprache übersetzten Gesprächs zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau auf Anordnung des Vorsitzenden verlesen. Den von der Verteidigung gegen die Verwertung des abgehörten Gesprächs erhobenen Widerspruch wies das Landgericht mit der Begründung zurück, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Überwachungsmaßnahme vorgelegen hätten und die dabei gewonnenen Erkenntnisse deshalb verwertbar seien“ (s. insgesamt: BGH – 1 StR 701/08).

Diesem Sachverhalt entnimmt der BGH aus folgenden Gründen ein Verwertungsverbot (s. insgesamt: BGH – 1 StR 701/08):

„Ein (…) Verstoß folgt aus einer Gesamtschau der Umstände bei der Durchführung der akustischen Gesprächsüberwachung und des Vorgehens der Ermittlungsbehörden vor dem Hintergrund der besonderen Situation des Angeklagten in der Untersuchungshaft. Der Verstoß führt zu einem Beweisverwertungsverbot, weil das Beweismittel auf eine unzulässige, gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßende Weise erlangt wurde.

Das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren wurzelt im Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Freiheitsrechten des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG). Es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt eines staatlichen Verfahrens herabzuwürdigen, und es verpflichtet den Staat zu korrektem und fairem Verfahren (BVerfG, Beschl. vom 18. März 2009 – 2 BvR 2025/07 – m. W.N.).

Die Ausgestaltung des Strafverfahrensrechts in einer Weise, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens gewahrt wird, ist in erster Linie dem Gesetzgeber und sodann – in den vom Gesetz gezogenen Grenzen – den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsanwendung und -auslegung aufgegeben. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte – ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Forderungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (BVerfG aaO; vgl. auch BVerfGE 57, 250, 276; 64, 135, 145). Im Rahmen dieser Gesamtschau sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239, 250; 80, 367, 375). Das Rechtsstaatsprinzip, das die Idee der Gerechtigkeit als wesentlichen Bestandteil enthält, fordert nicht nur eine faire Ausgestaltung und Anwendung des Strafverfahrensrechts. Es gestattet und verlangt auch die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 367, 383; 46, 214, 222). Der Rechtsstaat kann sich aber nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 33, 367, 383; 46, 214, 222; BVerfG, Beschl. vom 18. März 2009 – 2 BvR 2025/07).
Das Recht auf ein faires Verfahren umfasst dabei das Recht jedes Angeklagten auf Wahrung seiner Aussage- und Entschließungsfreiheit innerhalb des Strafverfahrens. Es hat in dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot der Selbstbelastungsfreiheit („nemo tenetur se ipsum accusare“) und in den Vorschriften der § 136a, § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO seinen Niederschlag gefunden. Das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung bedeutet, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. BVerfGE 109, 279, 324; 56, 37, 49). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Schweigerecht eines Beschuldigten und seine Entscheidungsfreiheit, in einem Strafverfahren auszusagen oder zu schweigen, etwa dann verletzt, wenn die Strafverfolgungsbehörden in einem Fall, in dem sich der Beschuldigte für das Schweigen entschieden hat, eine Täuschung anwenden, um ihm Geständnisse oder andere belastende Angaben zu entlocken, die sie in einer Vernehmung nicht erlangen konnten, und die so erlangten Geständnisse oder selbst belastenden Aussagen in den Prozess als Beweise einführen (EGMR StV 2003, 257, 259). Ob das Schweigerecht in einem solchen Maß missachtet wurde, dass eine Verletzung von Art. 6 MRK gegeben ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (EGMR aaO).
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich im vorliegenden Fall die heimliche akustische Überwachung des Ehegattengesprächs im Besucherraum bei einer Gesamtschau aller hierfür bedeutsamen Umstände als eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren dar.

Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die gesetzlichen Regelungen der StPO sich als Konkretisierungen des Rechtsstaatsprinzips in seiner Ausgestaltung als Gebot fairer Verfahrensführung darstellen. Das gilt auch und besonders für die heimliche Gesprächsüberwachung nach den §§ 100a ff. StPO.

Hier liegt aber eine besondere Fallgestaltung vor, die dadurch gekennzeichnet ist, dass gleich mehrere unverzichtbare rechtsstaatliche Grundsätze tangiert wurden, und das nicht nur am Rande. Zwar sind die einzelnen Grundsätze – jeweils für sich isoliert betrachtet – noch nicht in einem Ausmaß verletzt, dass allein schon aus dem jeweils einzelnen Grundsatz ein Verwertungsverbot abzuleiten wäre. Eine derart isolierte Betrachtung würde indessen der hier von den Ermittlungsbehörden praktizierten Vorgehensweise nicht gerecht. Daraus folgt, dass eine der Gesamtsituation angemessene Bewertung nur durch eine Betrachtung des Verfahrens als Ganzes – also bei Berücksichtigung aller Umstände der Gesprächsüberwachung – erfolgen kann.

Der Senat verkennt nicht, dass die Strafverfolgungsbehörden den Angeklagten nicht durch gezieltes und beharrliches Einwirken seitens eines nur zu diesem Zweck auf ihn angesetzten Gesprächspartners zu einer selbstbelastenden Aussage veranlasst haben, wie dies etwa bei dem Einsatz eines Verdeckten Ermittlers oder bei dem Tätigwerden eines als Vertrauensperson eingesetzten Mitgefangenen der Fall sein könnte (vgl. dazu BGHSt 34, 362, 363; 44, 129, 136; BGH NJW 2007, 3138, 3141). Vielmehr wurde durch die eigentliche Überwachungsmaßnahme lediglich „abgeschöpft“, was der Angeklagte aus freien Stücken gegenüber seiner Ehefrau äußerte, weil er sich unbeobachtet fühlte. Für sich genommen begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken, zumal die Ermittlungsbehörden auf den Gesprächsinhalt der Eheleute keinerlei Einfluss genommen haben.

In die für die Frage, ob dem Angeklagten ein faires Verfahren zuteil wurde, vorzunehmende Gesamtschau sind aber auch die besonderen Verhältnisse des Untersuchungshaftvollzuges und die Ausgestaltung der Ehegatten-Besuchskontakte durch die Ermittlungsbehörden im konkreten Fall einzubeziehen.

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Zweck, die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafvollstreckung sicherzustellen. Die Untersuchungshaft darf aber weder dazu missbraucht werden, das Aussageverhalten des Beschuldigten zu beeinflussen (BGHSt 34, 362, 363), noch darf sie auf eine Totalausforschung des Untersuchungsgefangenen hinauslaufen. Deshalb wäre es unzulässig, wenn etwa sämtliche Gespräche eines Untersuchungsgefangenen ohne konkreten Anlass abgehört würden, um überhaupt erst feststellen zu können, ob die Informationserhebung für das Strafverfahren relevante Inhalte betrifft (vgl. BVerfGE 109, 279, 323; BGHSt 44, 138, 143; Schneider aaO S. 14). Andererseits müssen Besuche in der Untersuchungshaft oft bereits deshalb – offen oder verdeckt – überwacht werden, damit Verdunkelungshandlungen verhindert werden können.

Deswegen war es im vorliegenden Fall, in dem angesichts der Beweissituation Verdunkelungshandlungen nicht fern lagen, für sich allein auch nicht bedenklich, dass die Kontaktmöglichkeiten des Angeklagten zu seiner Ehefrau während der Untersuchungshaft zeitlich und örtlich erheblich eingeschränkt wurden. Vor dem Hintergrund des Zwecks der Untersuchungshaft hatte der Angeklagte auch keinen Anspruch darauf, mit seiner Ehefrau ungestört und unüberwacht sprechen zu können.

Allerdings ist in die Gesamtbetrachtung auch die durch die Haft bedingte Beschränkung des Angeklagten einzubeziehen, die ihm ein Ausweichen auf einen anderen Gesprächsort – etwa eine Wohnung – unmöglich machte. Er war daher darauf angewiesen, auch Persönliches, das keinen Bezug zu der ihm vorgeworfenen Tat hatte, im Rahmen dieser Besuche mit seiner Ehefrau zu besprechen. Auch dieser Umstand macht die Überwachungsmaßnahme für sich allein nicht zu einer unfairen Verfahrensgestaltung; denn die Überwachung wurde angeordnet, weil aufgrund konkreter Anhaltspunkte damit zu rechnen war, dass gerade der Tatvorwurf und nicht nur persönliche Dinge der Ehegatten zur Sprache kommen würden. Es lag auf der Hand, dass der gegen den Angeklagten erhobene gravierende Tatvorwurf und die Umstände, die zu seiner Verhaftung geführt haben, zwischen den Eheleuten zur Sprache kommen würden, zumal es lebensfremd gewesen wäre, anzunehmen, die Ehefrau würde die außereheliche Beziehung des Angeklagten zu der Person, deren Tötung dem Angeklagten zur Last lag, unerörtert lassen. Auch wenn es in einer solchen Situation einem Beschuldigten regelmäßig schwer fallen dürfte, nicht über den Tatvorwurf zu sprechen – insbesondere, um nicht eventuelles Täterwissen zu offenbaren – stellt die akustische Überwachung der Besuchskontakte zum Ehegatten noch keinen Zwang zur Selbstbelastung dar. Der Beschuldigte kann letztlich selbst entscheiden, was er seinem Ehegatten offenbart und was nicht, auch wenn der in Betracht kommende Gesprächsstoff angesichts der Überwachungssituation erheblich eingeschränkt ist.

In der von den Beschränkungen des Untersuchungshaftvollzuges geprägten Gesprächssituation erlangt hier aber das Vorgehen der Ermittlungsbehörden besonderes Gewicht, das die Fehlvorstellung beim Angeklagten nicht nur hervorrufen musste, sondern auch sollte, er könne mit seiner Ehefrau unüberwacht sprechen.

Zwar ist die Anwendung einer kriminalistischen List auch bei Ermittlungsmaßnahmen in der Haftanstalt nicht unzulässig; auch ist es gerade das Charakteristikum von heimlichen Überwachungsmaßnahmen, dass der Überwachte sich unbeobachtet fühlt.

Die Ermittlungsbehörden haben sich aber in einer Situation, in der dem Angeklagten ein Ausweichen auf ein von ihm selbst gewählten Gesprächsort nicht möglich war, nicht darauf beschränkt, die Gespräche des Angeklagten zu seiner Ehefrau akustisch zu überwachen. Sie haben vielmehr bewusst eine von den üblichen Abläufen in der Untersuchungshaft derart abweichende Besuchssituation geschaffen, dass nicht lediglich ein Irrtum des Angeklagten ausgenutzt wurde. Vielmehr wurde, anders kann man das Vorgehen nicht verstehen, die Situation – gezielt – zur Erlangung einer gerichtsverwertbaren Selbstbelastung des Angeklagten herbeigeführt. Im Rahmen ihres Vorgehens haben die Ermittlungsbehörden mit mehreren aufeinander abgestimmten Maßnahmen dem Angeklagten den Eindruck vermittelt, er erhalte nun eine Sonderbehandlung und dürfe sich völlig ungestört und ohne jegliche Überwachung mit seiner Ehefrau – noch dazu in marokkanischer Sprache – unterhalten.

Zum einen wurde für die Besuche der Ehefrau des Angeklagten nicht der gewöhnlich verwendete Besuchsraum genutzt; vielmehr wurde dem Angeklagten für den Besuchskontakt mit seiner Ehefrau ein „separater Raum“ zugewiesen. Zum anderen fanden diese Besuche – abweichend von den üblichen Abläufen in der Haftanstalt – stets ohne offene Überwachung durch einen Vollzugsbeamten statt. Besuche in der Untersuchungshaft werden aber nach § 119 Abs. 3 StPO entsprechend Nr. 27 UVollzO in der Regel erkennbar überwacht, gerade weil bei diesen auch die Gefahr von Verdunkelungshandlungen besteht und deshalb ein unmittelbares Eingreifen durch den überwachenden Beamten erforderlich werden kann (vgl. Nr. 27 Abs. 3 UVollzO).

Angesichts dieser Einwirkung auf das Vorstellungsbild des Angeklagten, die ihn zu der Fehlvorstellung gelangen ließ, die Besuche würden nicht überwacht, ist das Vorgehen der Ermittlungsbehörden unter gezielter Ausnutzung der besonderen Situation des Untersuchungshaftvollzuges zur Erlangung einer prozessverwertbaren Selbstbelastung des Angeklagten schon vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich verankerten Verbots eines Zwangs zur Selbstbelastung („nemo tenetur se ipsum accusare“) bedenklich.

Dieser Bewertung steht hier nicht entgegen, dass – isoliert betrachtet – der Abwesenheit eines Vollzugsbediensteten zur Besuchsüberwachung nach außen regelmäßig allenfalls der Erklärungsinhalt zukommt, dass Beeinträchtigungen der Haftzwecke während des Besuchs von Seiten der Strafverfolgungsbehörden nicht besorgt werden (vgl. Schneider aaO S. 14). Jedenfalls dann, wenn einem Untersuchungsgefangenen für die Kontakte mit der Ehefrau abweichend von der allgemeinen Praxis stets ein gesonderter Raum zur Verfügung gestellt wird, in dem zu keinem Zeitpunkt ein Vollzugsbediensteter zur Gesprächsüberwachung anwesend ist, verliert die Überwachungsmaßnahme den Charakter einer bloßen „Abschöpfung“ freiwilliger Äußerungen und wird zur bewussten Irreführung (zum Ausnutzen eines bestehenden Irrtums durch die Strafverfolgungsbehörden vgl. BGHSt 39, 335, 348).

Zwar hat diese – wie auch die Verteidigung zu Recht in der Hauptverhandlung hervorgehoben hat – noch nicht die Qualität einer Täuschung oder eines unzulässigen Zwangs im Sinne von § 136a StPO. Jedenfalls in der Gesamtschau stellt sich hier aber das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden mit Blick auf die besondere Situation des Untersuchungshaftvollzuges als Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren dar. Die Beweisgewinnung greift danach in erheblicher Weise in die Verfahrensrechte des Angeklagten ein und war somit unzulässig. Sie hat ein Beweisverwertungsverbot zur Folge.

Eine andere Wertung ergibt sich hier auch nicht mit Blick auf die bei der Gesamtschau der maßgeblichen Umstände zu beachtenden Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege.

Dieser kommt freilich bei schwer wiegenden Delikten – wie hier beim Tatvorwurf des Mordes – erhebliche Bedeutung zu. Der Grundsatz des fairen Verfahrens verlangt nicht, allein im Hinblick auf die besonderen Umstände des Untersuchungshaftvollzuges von heimlichen Ermittlungsmaßnahmen in der Haftanstalt – generell – Abstand zu nehmen. Im Gegenteil gebietet es gerade der Rechtsstaat, dass auch in Justizvollzugsanstalten effektive Ermittlungen durchgeführt werden, um zu gewährleisten, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden können.

Dies bedeutet, dass auch in der Untersuchungshaft akustische Überwachungsmaßnahmen gemäß § 100f StPO grundsätzlich zulässig und – wenn andere erfolgversprechende Maßnahmen nicht in Betracht kommen – sogar geboten sein können. Allerdings ist bei der Anordnung und Durchführung von Maßnahmen, die letztlich darauf gerichtet sind, den Beschuldigten „als Beweismittel gegen sich selbst“ zu verwenden, auf die besonderen Umstände der Haft Bedacht zu nehmen. Daran fehlte es hier.

Gegen die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme bestehen dagegen keine Bedenken, wenn der Untersuchungsgefangene weiß oder jedenfalls – etwa durch entsprechende Hinweise – wissen kann, dass Besuchskontakte generell oder im konkreten Fall – auch akustisch – überwacht und aufgezeichnet werden. So gewonnene Erkenntnisse wären nach den dargelegten Maßstäben verwertbar“ (s. insgesamt: BGH – 1 StR 701/08).

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