Durch Drogenserien wie etwa ,,how to sell drugs online (fast)“ auf Netflix oder die Dokumentation über die deutsche Darknet- Plattform ,,shiny flakes“ wurde publik, dass nahezu jedermann ohne größeren Aufwand im Darknet surfen und Drogen bestellen kann. Über Foren und Online- Shops werden seit einiger Zeit über das Darknet Bestellungen getätigt, die von weichen Drogen wie Cannabis bis hin zu Heroin, Kokain und Crystal Meth reichen. Insbesondere seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich der Drogenhandel im Internet um rund 30 % gesteigert, so das Bundeskriminalamt.
Die juristischen Folgen des Drogenkaufs im Darknet erklärt vom Anwalt für Strafrecht.

Der Versandes und Gegenmaßnahmen der Ermittlungsorgane

Die Besonderheit dabei ist, dass sich in den meisten Fällen der Dealer, also der Verkäufer, sowie der Käufer nicht real treffen. Unternehmen wie die Deutsche Post werden für den Drogenversand als unwissende Mittelsmänner benutzt. Die meisten Drogensendungen, meist wenige Gramm oder wenige einzelne Pillen, lassen sich problemlos im typischen Briefumschlag oder Großbriefen verpacken und versenden.

Postgeheimnis begünstigt Drogenbestellungen

Bisher waren vor dem Hintergrund des Postgeheimnisses nach Art. 10 GG Postmitarbeiter nicht verpflichtet, verdächtige Sendungen zu melden und die Polizei einzuschalten. Diese Schwachstelle wurde sicherlich von Drogendealern ausgenutzt, denn ein gewöhnlicher Postmitarbeiter wird den zusätzlichen Aufwand von Schreibarbeit bis hin zur zeugenschaftlichen Aussage bei den Ermittlungsbehörden ebenso scheuen, wie es die meisten täten.

Gesetzesänderung schlecht fürs Darknet

Am 12. Februar 2021 wurde daher eine Änderung des Postgesetzes beschlossen, wonach nun Postmitarbeiter verpflichtet sind, bei tatsächlichen Anhaltspunkten einer Straftat in Bezug auf Betäubungsmittel unverzüglich die Behörden zu informieren. Neben dem Verdacht auf einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz geht es auch um einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz, da auch starke Schmerzmittel über das Darknet bestellt und versandt werden können. Auch anabole Steroide werden über das Darknet bestellt. Diesbezüglich kann ein Verstoß gegen das Antidopinggesetz einschlägig sein.

Strafe bei Drogenbestellung im Internet

Dreh- und Angelpunkt der polizeilichen Ermittlungsarbeit wird ein Anfangsverdacht wegen eines Verstoßes nach § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sein. In § 29 Abs. I BtMG ist vorgesehen, dass eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe droht, wenn Betäubungsmittel unerlaubt angebaut, hergestellt, mit ihnen Handel getrieben, veräußert, abgegeben oder erworben werden. Somit stellt § 29 Abs. I Nr. 1 BtMG die zentrale Norm für den Drogenversand per Post dar, da sowohl Verkäufer („Handeltreiben“) als auch Käufer („erwerben“) hiervon umfasst sein können.

Bei schweren Fällen – Anwalt hinzuziehen

Während im Regelfall noch eine Geldstrafe möglich ist, kann im besonders schweren Fall nach § 29 Abs. III BtMG bereits eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren die Rechtsfolge sein. Dies ist denkbar im Falle eines gewerblichen Handels. Die Schwelle bis zum gewerblichen Handel kann gering sein, auch wenn sich auch das Versenden von zehn Briefen mit wenigen Gramm Cannabis aus der eigenen Wohnung heraus subjektiv nicht zwingend als ,,gewerbsmäßig handelnd“ anfühlt. Dieses Beispiel zeigt jedoch, wie schnell man im Bereich des Drogenhandels im Darknet einen erfahrenen Anwalt für das Strafrecht hinzuziehen sollte, worauf noch später eingegangen wird.

Viele Beschuldigte müssen sich zudem bewusst machen, dass als Nebenstrafe oftmals der Entzug der Fahrerlaubnis drohen kann, was für einige Personen durchaus schwerwiegender ist als eine eventuell noch verkraftbare Geldstrafe.

Verteidigungsstrategie des Anwalts

Die polizeilichen Ermittler können zunächst nur feststellen, sofern denn eine verdächtige Sendung gemeldet wird, dass offenbar eine Adresse angegeben wurde. Hier kann es aber sein, dass Dritte die Adresse zweckentfremdeten und möglicherweise beabsichtigten, die Postsendung bei dem Beschuldigten abzufangen oder gar den Briefkasten unbefugt und gewaltsam zu öffnen. Eine einmalige Postsendung wird häufig nicht für die Erhebung der öffentlichen Klage reichen. Wenn sich sonst keine weiteren Anhaltspunkte finden (Geldüberweisung oder Chatverkehr auf sichergestellten Rechnern) wird das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt oder der Angeklagte freigesprochen, wenn bereits Anklage erhoben worden ist.

Diesbezüglich sei exemplarisch auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Köln verwiesen:

„Nach dem Ermittlungsergebnis beruht der Tatverdacht auf der Tatsache, dass durch den Zoll eine entsprechende Sendung am 07.07.2016 sichergestellt wurde. Auf dieser Sendung befand sich als Empfänger Name und Anschrift des Angeschuldigten. Der Angeschuldigte bestreitet, eine entsprechende Bestellung aufgegeben zu haben. Da weitere konkrete Anhaltspunkte für die Bestellung durch den Angeklagten selbst nicht gegeben sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Person – möglicherweise auch mit Wissen des Angeklagten – Bestellungen unter Verwendung der Anschrift des Angeklagten aufgegeben hat, um die Sendung dort in Empfang zu nehmen.“

Beschluss vom 19.12.2016 – 583 Ds 437/16

Kommt eine Einstellung des Verfahrens deswegen nicht in Betracht, weil weitere Indizien vorliegen, gibt es dennoch die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens. Häufig gegen Zahlung einer Geldauflage. Dies hängt maßgeblich von der Menge und der Art der bestellten Betäubungsmittel, verbotenen Arzneimittel oder Steroide ab. Inwieweit Ermittler der Polizei die personellen und zeitlichen Kapazitäten haben, auf mehrfache Drogensendungen zur selben Adresse zu warten, um hieraus Früchte für eine spätere Anklage zu ziehen, ist schwer zu sagen. Die Wahrscheinlichkeit dürfte aber nicht allzu hoch sein. Dennoch kann es jederzeit zu einer Anklage kommen, die es abzuwehren gilt.

Ein Beschuldigter muss sich im Strafverfahren nicht selbst belasten. Der Beschuldigte muss auch nicht erklären, wie seine Adresse auf den Briefumschlag kam und ohne einen richterlich angeordneten Durchsuchungsbefehl muss auch ein Computer nicht herausgegeben werden. Oftmals ist es so, dass der Postversand die reale Ebene ist, während der eigentliche Deal im Vorfeld über das Darknet abgewickelt wurde. Es wäre selbstredend ein belastendes Indiz, wenn die Polizeibeamten im Falle einer möglichen Durchsuchung des Computers etwaige Chatverläufe finden würden, die auf ein Drogengeschäft hindeuten. Auch Banküberweisungen in Hinblick auf die Bezahlung der Drogen wären ein solches belastendes Indiz.

Brauche ich einen Anwalt fürs Darknet?

Bei einer Vorladung wegen des Verdachtes einer Straftat nach §§ 29 ff. BtMG ist es ratsam, einen Strafverteidiger zu konsultieren. Bereits früh müssen die Weichen gestellt werden, um eine erfolgreiche Verteidigung zu konzipieren. Im Rahmen der Verteidigungsstrategie werden die vorhandenen Beweise über die Akteneinsicht gesichtet, um geeignete Reaktionen gegenüber der Staatsanwaltschaft abzuwägen.

Die Rechtsfolgen gemäß § 29 BtMG können stark variieren und sich noch im Ermittlungsstadium, je nach ,,Erfolg“ der Ermittlungen, ausdehnen. So verschärft etwa § 29a BtMG den Drogenhandel gegenüber Minderjährigen und nach § 30 BtMG führt der bandenmäßige Drogenhandel von vornherein zum Ausschluss einer möglichen Geldstrafe. Es bestehen jedoch gerade bei dem Erwerb von Drogen, Arzneimitteln oder Steroiden über das Internet bzw. Darknet für den Anwalt in der Regel gute Verteidigungsansätze, um das Verfahren folgenlos zur Einstellung zu bringen.

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