Durch die technischen Errungenschaften ist es mitunter notwendig, dass Straftatbestände dem Zeitgeist angepasst werden. Insbesondere jene Straftatbestände, die hohe Rechtsgüter schützen, werden hierbei im Blick behalten. Der Schutz des Kindeswohls, welcher sich auch aus Art. 6 GG herauslesen lässt, ist ein solch hohes Rechtsgut. Mit dem neuen § 184d Absatz 2 Satz StGB wird gemäß § 184b Abs. 3 StGB bestraft, wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt mittels Telemedien abzurufen. Mithin der Aufruf von Kinderpornographie im Internet. Dasselbe gilt gemäß § 184b Absatz 2 Satz 2 StGB für jugendpornographische Schriften.

Erst durch das 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches (BGBI. I Nr. 2 vom 26.01.2015) wurden damit europäische Vorgaben zum Sexualstrafrecht umgesetzt. Ziel dieses Gesetzes war es, auch den mittelbaren sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu schützen. Durch die neuen Möglichkeiten des Internets waren einmal im Netz veröffentliche Dateien kaum noch nachzuverfolgen, geschweige denn zu löschen.

Durch die Änderungen des Gesetzgebers sollte insbesondere verhindert werden, dass Nacktbilder von Kindern und Jugendlichen als kinder-bzw. jugendpornografische Schriften verbreitet werden. Dafür war es notwendig, auch das bloße Anschauen dieser Bilder, also den Aufruf von Kinderpornographie, zu verbieten. Somit ist schon das bloße Aufrufen einer Internetseite mit kinder- oder jugendpornografischen Inhalten nunmehr strafbar. Dafür muss die Datei auch nicht heruntergeladen werden, das bloße temporäre Speichern im sogenannten Cache reicht aus. Durch die Kriminalisierung des Anschauens sollte der Markt für kinder- und jugendpornografische Inhalte stillgelegt werden, da es schlichtweg zu riskant ist, als Verbraucher dieser Inhalte zu fungieren.

Kinderpornographische und jugendpornographische Schriften werden i.S.d. § 184d Absatz 2 StGB aufgerufen, wenn „der Nutzer die Übertragung der Daten durch Telemedien veranlasst und sich dadurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme von ihrem Inhalt verschafft“ (BT-Drs. 18/2601, 34).

Aktiver Aufruf von Kinderpornographie im Internet nunmehr strafbar.

Eine tatsächliche Kenntnisnahme ist nach Vorstellung des Gesetzgebers nicht erforderlich (BT-Drs. 18/2601, 34.) Der Täter muss gezielt durch eine eigene Handlung den technischen Vorgang der Übertragung von Daten in Gang setzen. Es genügt nicht, dass automatisch durch sog Pop-Up-Fenster oder sonstige technische, nicht vom Nutzer initiierte Vorgänge kinderpornographische Inhalte auf dem Bildschirm erscheinen. Auch wird das bloße Betrachten ohne eigenen (versuchten) Abruf der kinder- und jugendpornographischen Inhalte nicht vom Tatbestand erfasst, weil es an einem unternehmen des Abrufs mangelt. Am Aufruf von Kinderpornographie fehlt es ebenso, wenn jemand ohne Tatherrschaft über den Abrufvorgang lediglich passiv vor einem Bildschirm sitzt oder ohne eigenes Tun eine Abbildung von einem anderen geschickt bekommt. Nicht strafbar ist auch, wenn jemand nach unvorsätzlichem Aufruf die dann erscheinende Abbildung betrachtet. Mangelnder Vorsatz in diesem Sinne kann beispielsweise vorliegen, wenn man im Internet nach Erwachsenenpornographie sucht, aber kinderpornographische Inhalte präsentiert bekommt.

Letztlich wurde § 184 d Abs. II StGB der Lebenswirklichkeit angepasst und die Telemedien als neue, vorherrschende Medien und Kommunikationswege mit in den Tatbestand aufgenommen.

Hinweis:
Das ist ein alter Beitrag. Aktuelle Informationen zu § 184b StGB finden Sie hier: Kinderpornographie im Strafrecht.

Das könnte Sie auch interessieren