Kommt ein Mensch ums Leben und geht es um die strafrechtliche Dimension eines Sachverhaltes, denkt der geneigte Leser zunächst an Mord oder Totschlag, geregelt in §§ 211, 212 StGB. Doch auch durch alltägliches, leicht vergessliches und unachtsames Verhalten kann der Beschuldigte wegen einer Straftat verurteilt werden, die das menschliche Leben schützt. Aufgrund dieser Schutzrichtung ist die Rechtsfolge mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren für eine Fahrlässigkeitstat recht drakonisch. Kommt es zum Verkehrsunfall, übersieht man beim Abbiegen mit dem Fahrzeug einen Fußgänger, schubst zum ,,Erschrecken“ eine andere Person und diese fällt unglücklich auf den Hinterkopf, werden die Strafverfolgungsbehörden auch die fahrlässige Tötung im Blick haben. Gleiches gilt für gewalttätig geführte Auseinandersetzungen nach einem Discobesuch.

Es sollte jedem bewusst sein, dass jedwede Gefahrenquelle, die im Alltag genutzt wird, Anlass für eine vorgeworfene Fahrlässigkeitsstraftat sein kann.

Vorkommen in der Rechtswirklichkeit

Jährlich gibt es in der gesamten Bundesrepublik knapp unter 1.000 Fälle einer fahrlässigen Tötung, sicherlich sind hier alltägliche Situationen wie der obig beschriebene Verkehrsunfall häufigste Ursache. Die genauen Zahlen schwanken zwischen 680 Fällen im Jahre 2018 und 951 Fällen im Jahre 2004. Interessant ist, dass die erfassten Fälle eines Totschlags oder eines Mordes zusammengenommen nahezu doppelt so hoch sind.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der fahrlässigen Tötung

Der Tatbestand unterscheidet zwischen der Handlung, dem Taterfolg, der Kausalität sowie als Kernelemente zwischen Sorgfaltspflichtverletzung und objektiver Zurechnung. Da die Handlung in jedem Tun oder Unterlassen liegen kann, bedarf es dem Feinfilter der Sorgfaltspflichtverletzung sowie der objektiven Zurechnung. Nur so können Fälle des erlaubten Risikos ausgeklammert werden und eine zu weit ausufernde Kausalität, also das Beruhen zwischen Handlung und Taterfolg, hier dem Tod eines Menschen, restriktiv eingegrenzt werden.

Das erlaubte Risiko meint Handlungen eines Menschen, die zwar gefährlich sein können, aber gesellschaftlich akzeptiert sind. Man spricht hier auch vom Vertrauensgrundsatz oder der Sozialadäquanz. Ein Beispiel wäre der Betrieb einer Achterbahn auf einem Jahrmarkt. Dies begründet sicherlich die abstrakte Gefahr, dass ein technischer Fehler zu Unheil führen kann. Es ist jedoch gesetzlich nicht verboten, ein solches Fahrgeschäft zu betreiben. Es muss als mehr hinzukommen, um sich einer Fahrlässigkeitsstraftat tatbestandlich strafbar machen zu können.

Der Vertrauensgrundsatz gilt insbesondere im Straßenverkehr. Wer sich selbst sorgfaltsgemäß verhält, darf darauf vertrauen, dass sich alle anderen auch pflichtgemäß verhalten und nicht etwa urplötzlich vor das vorschriftsgemäß fahrende Kraftfahrzeug springen und sich überfahren lassen.

Sorgfaltswidrig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Hier findet die Abgrenzung zu Vorsatzstraftaten wie dem Mord und Totschlag statt, denen aufgrund der Vorsätzlichkeit eine weitaus höhere Strafandrohung innewohnt.

Insbesondere muss bei der Tatbestandsprüfung geklärt werden, ob ein pflichtgemäßes Alternativverhalten einen Erfolgseintritt hätte verhindern können. Wäre also auch für den Idealfahrer im Straßenverkehr ein Unfall nicht vermeidbar gewesen, kann der Unfallverursacher auch nicht wegen einer fahrlässigen Tötung verurteilt werden.

Ein weiterer Filter ist die bloße Förderung einer fremden Selbstgefährdung. Gerade bei Bezügen zum Betäubungsmittelstrafrecht ist es stets eine Frage des Einzelfalles, inwieweit das Herreichen harter Drogen bereits als mittelbare Täterschaft im Sinne einer Fahrlässigkeitstat gesehen werden kann. Es kommt darauf an, wie selbstbestimmt der unmittelbar Handelnde noch ist.

Liegen ferner keine Rechtfertigungsgründe vor, muss in der Schuld geprüft werden, ob dem Beschuldigten die Sorgfaltswidrigkeit vorwerfbar ist und dieser subjektiv in der Lage ist, den Sorgfaltsverstoß zu verstehen.

Die Abgrenzung zum Mord und zum Totschlag und das Strafmaß

Die §§ 211, 212 StGB leben vom Vorsatz des Täters, er muss in subjektiver Hinsicht einen Taterfolg zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die schwierige Abgrenzung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und bedingten Vorsatz entscheidet im Extremfall über Jahrzehnte in der Justizvollzugsanstalt. Der Mord kennt als absolute Strafandrohung die lebenslange Freiheitsstrafe. Bei der fahrlässigen Tötung kann ein versierter Strafverteidiger durchaus eine Geldstrafe oder eine zeitige Freiheitsstrafe fordern, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

So kennt die fahrlässige Tötung als Strafandrohung, anders als die §§ 211, 212 StGB, die Geldstrafe. Dies vor dem Hintergrund, dass es bei der Fahrlässigkeitstat am verwerflichen Vorsatz des Beschuldigten fehlt. Vorzuwerfen ist dem fahrlässig handelnden lediglich die Achtlosigkeit, ohne dass dieser den Taterfolg auch nur ansatzweise gebilligt hätte.

Brauche ich einen Rechtsanwalt?

Als Strafverteidiger und langjährig praktizierender Rechtsanwalt auf dem Gebiet der strafrechtlichen Revision kann nur jedem Beschuldigten dazu geraten werden, im frühen Stadium einen Verteidiger hinzuzuziehen. Nur so ist sichergestellt, dass den Strafverfolgungsbehörden unmissverständlich und direkt deutlich gemacht wird, dass eine Vorsatztat nicht vorliegt, um bereits die Gefahr einer höheren Strafandrohung zu vermeiden. Hier kommt es detailliert darauf an, das Geschehen so zu deuten, dass auch die Staatsanwaltschaft nur eine Fahrlässigkeit, aber keinen Vorsatz erkennt.

Ist diese Hürde genommen, kann die Konzentration darauf gelegt werden, dass auch ein pflichtgemäßes Verhalten einen Taterfolg nicht hätte vermeiden können. Sollte dies fernliegend sein, muss die Verhängung einer geringen Geldstrafe das Ziel sein, welche im Idealfall auch nicht im Führungszeugnis aufgelistet wird.

Als Fachanwalt das Strafrecht stehe ich jedem Beschuldigten, egal in welchem Stadium der Ermittlungen, mit Rat und Tat zur Seite. Aufgrund der langjährigen Erfahrung sind die Einfallstore für eine erfolgsversprechende Verteidigung bekannt, auch die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fließt in die Verteidigungsstrategie mit ein.

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