Wer einer Straftat nach den §§ 176, 176 a StGB, also eines Kindesmissbrauchs, verdächtigt wird, sollte nicht zögern, rechtlichen Beistand heranzuziehen. Schon das bloße Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts in Bezug auf einen sexuellen Missbrauch von Kindern kann schwerwiegende Konsequenzen haben, insbesondere in sozialer, gesellschaftlicher, familiärer und nicht zuletzt arbeitstechnischer Hinsicht.

In den Medien wird derzeit häufig über das sogenannte ,,Grooming“ berichtet, hierbei versuchen potentielle Täter unter Zuhilfenahme von Chatrooms, einen sexuellen Missbrauch an Kindern durchzuführen. Unter Rechtsexperten wird die Frage diskutiert, wie weit die Strafbarkeit auf einen Zeitpunkt vorverlagert werden kann, in dem nur schwerlich von einem unmittelbaren Ansetzen im Rahmen der Versuchsstrafbarkeit gesprochen werden kann. Hiermit sollen potentielle Täter bereits abgeschreckt werden, überhaupt eine Kontaktaufnahme in Chatrooms aufzunehmen. Inwieweit eine Versuchsstrafbarkeit dann vorliegt, wenn statt eines Kindes ein verdeckter Ermittler mit dem potenziellen Täter chattet, wird noch Gegenstand der Rechtsprechung sein.
In solchen Fällen ist es notwendig, einen qualifizierten Strafverteidiger an der Seite zu haben, der die notwendigen Schritte in jedem Stadium des Ermittlungsverfahrens einleitet, im besten Fall eine mündliche Hauptverhandlung verhindern kann, den hinreichenden Tatverdacht in Zweifel zieht und auch absolute Diskretion nach außen garantiert.

Als Fachanwalt für das Strafrecht ist der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Baumhöfener fachlich versiert und erfahren im Umgang mit diesem sehr sensiblen Straftatbeständen. Auch im Rahmen der Rechtsmittel, ob Berufung oder Revision, steht Ihnen Strafverteidiger Dr. Baumhöfener zur Verfügung.

Das Vorkommen von Kindesmissbrauch in der Rechtswirklichkeit

Jedes Jahr gibt es 14.000 Fälle von Kindesmissbrauch in der Bundesrepublik Deutschland, wobei es keine Zahlen darüber gibt, wie viele Ermittlungsverfahren auch eine Verurteilung nach sich zogen. Die Opfer sind in 92% der Fälle zwischen 6 und 14 Jahre alt, die Dunkelziffer der tatsächlichen Fälle wird von renommierten Statistikern mit 1:15 angegeben. Das heißt, nur rund jede 15. Tat wird tatsächlich strafrechtlich verfolgt.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des Grunddeliktes § 176 StGB

Das Grunddelikt des sexuellen Missbrauchs von Kindern ist aufgrund der Strafandrohung von mindestens sechs Monaten kein Verbrechen, sondern ein Vergehen. Dagegen ist die Qualifikation nach § 176 a StGB ein Verbrechen, hier wird eine Freiheitsstrafe bei gleichzeitiger Bewährung kaum denkbar sein.

§ 176 Abs. I StGB stellt klar, dass sexuelle Handlungen an Kindern unter vierzehn Jahren absolut verboten und somit strafbar sind. Im strafrechtlichen Sinne gelten Personen unter vierzehn Jahren als Kinder. Hierbei ist sowohl die aktive wie auch die passive Handlungsweise strafbar, also auch das Vornehmen sexueller Handlungen durch das Kind am Beschuldigten.

§ 176 Abs. II StGB stellt ebenso unter Strafe, wenn ein Kind dazu veranlasst wird, an Dritten sexuelle Handlungen vorzunehmen.

§ 176 Abs. III StGB stellt eine Ausnahme dar und beschreibt den besonders schweren Fall des sexuellen Missbrauchs. Hierbei ist eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorgehsehen. Solche besonders schweren Fälle sind vom Gesetzgeber bewusst offengelassen worden, es kommt auf den Einzelfall an und beschreibt meist eine besonders schwerwiegende Handlungsweise, die sittlich betrachtet besonders verachtenswert ist.

In § 176 Abs. IV StGB ist sodann unter Ziffer 3) das obig beschriebene Grooming kodifiziert, wobei erst vor Kurzem die Handlungsweise durch Informations- und Kommunikationstechnologie ergänzt wurde. Hierzu zählen insbesondere Smartphones, Computer oder ähnliche elektronische Hilfsmittel.

§ 176 Abs. IV Nr. 1 StGB meint sodann Fälle, in denen sich der Beschuldigte nackt vor Kindern zeigt oder sich selbst befriedigt. Was eine sexuelle Handlung ist, bestimmt sich danach, ob eine Handlung die sogenannte Sexualbezogenheit aufweist. Hier wird es ebenso stets auf den Einzelfall ankommen.

In § 176 Abs. IV Nr. 2 StGB beschreibt Fälle, in denen das Kind zur Selbstbefriedigung animiert wird, § 176 Abs. IV Nr. 4 StGB beschreibt Fälle, in denen der Beschuldigte Pornofilme mit dem Kind schaut oder Magazine und andere Bilder und Schriften vorzeigt.

Sollte dem Beschuldigten vorgeworfen werden, dass er ein Kind einer anderen Person zur Durchführung sexueller Handlungen angeboten hat, beispielsweise durch eine Vereinbarung über Chaträume, kann gemäß § 176 Abs. V StGB bestraft werden. Dies gilt auch dann, wenn sich der Beschuldigte für Handlungen gemäß § 176 StGB mit einer anderen Person verabredet. Dies dürfte meist über sogenannte Chats im ,,Darknet“ abgesprochen werden und wird durch moderne Technik immer effektiver verfolgt.

§ 176 Abs. VI StGB stellt klar, dass der Versuch strafbar ist. Wer zur tat unmittelbar ansetzt, ohne den Taterfolg zu verwirklichen, kann bestraft werden.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Qualifikation gemäß § 176 a StGB

Wurde ein Beschuldigter bereits innerhalb der letzten fünf Jahre wegen eines Kindesmissbrauchs an Kindern verurteilt, stellt § 176 a Abs. I StGB klar, dass eine Strafrahmenverschiebung vorgenommen wird, um das besondere Unrecht zu sanktionieren. Eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr muss sodann ausgeurteilt werden.

§ 176 a Abs. II StGB hat drei Alternativen, wobei die erste Alternative die Konstellation betrifft, dass eine bereits volljährige Person mit einem Kind (unter vierzehn Jahre) sexuelle Handlungen vollzieht, die mit einem Eindringen in den Körper einhergehen. Es geht hier um den klassischen Beischlaf, wobei dies in Fällen, in denen Gefühle wie Liebe eine Rolle spielen, nicht gegen den Willen des Kindes geschieht. Dies stellt jedoch weder einen Rechtfertigungs-, noch einen Entschuldigungsgrund dar.

Wird eine Tat nach § 176 Abs. I, II StGB durch mehrere Personen gemeinschaftlich begangen, liegt eine Strafbarkeit nach § 176 a Abs. II Nr. 2 StGB vor, die eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. In diesem Fall wird eine Freiheitsstrafe kaum noch zur Bewährung ausgesetzt.

Sollte das Kind durch die Handlung schwer verletzt werden oder besteht auch nur die Gefahr einer schweren körperlichen und seelischen Verletzung, wird gemäß § 176 a Abs. I Nr. 3 StGB ebenfalls eine Strafe von nicht unter zwei Jahren ausgesprochen.

§ 176 a Abs. IV StGB meint den minder schweren Fall des Kindesmissbrauchs und ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. In einem solchen Fall kann eine geringe Freiheitsstrafe von drei Monaten verhängt werden, wobei hier auch eine Umwandlung zur Geldstrafe möglich erscheint. Dies gilt jedoch nur für § 176 a Abs. I StGB, bei § 176 a Abs. II StGB kann nur eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt werden. Dann wäre jedoch eine Bewährung möglich.

Verjährung bei sexuellem Missbrauch von Kindern

Die Verjährung ist in § 78 StGB geregelt und bemisst sich danach, mit welcher Höchststrafe das jeweilige Delikt sanktioniert wird. Zu unterscheiden ist mithin der einfache sexuelle Missbrauch von Kindern nach § 176 StGB vom Qualifikationstatbestand § 176 a StGB, da unterschiedliche Strafrahmen vorgesehen sind.

Nach § 78 Abs. III Nr. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre beim Grunddelikt des Kindesmissbrauchs nach § 176 Abs. I StGB. Die Frist beginnt gemäß § 78 a StGB bei Beendigung der Tat, kann unter Umständen aber unterbrochen werden, was sich aus § 78 c StGB ergibt. Nach § 78 b Abs. I Nr. 1 StGB ruht die Verjährungsfrist bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers. Diese Regelung ist recht aktuell und dem Opferschutz gewidmet.

Die Straftat nach § 176 Abs. IV StGB verjährt in fünf Jahren.

Aufgrund der höheren Strafandrohung beträgt die Verjährungsfrist bei § 176 a StGB 20 Jahre. Es kann Sinn der Verteidigungsstrategie sein, den Verdacht des Qualifikationstatbestandes zu entkräften, um über das Vorliegen des Grundtatbestandes eine eingetretene Verjährung zu begründen.

Sollte man einen Rechtsanwalt beauftragen?

Die Frage wurde bereits einleitend mit einem klaren ,,Ja“ beantwortet. Allein die Gefahr der Rufschädigung aufgrund eines Ermittlungsverfahrens wegen Kindesmissbrauchs kann Familien zerreißen, Karrieren zerstören und schwere Existenzkrisen hervorrufen. Auch die restriktive Strafandrohung, viele Einfallstore aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe, die ein guter Anwalt nutzen kann, führen zu dem ratschlag, einen fachlich versierten Strafverteidiger zu konsultieren. Ein Rechtsanwalt kann insbesondere im frühen Ermittlungsstadium Zweifel am Tatverdacht streuen, Akteneinsicht beantragen, Beweise analysieren und eine fundierte Verteidigungsstrategie entwickeln.

Wer einer Straftat nach den §§ 176, 176 a StGB verdächtigt wird, sollte möglichst früh einen Strafverteidiger beauftragen.

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