Das Strafverfahren richtet sich nach den Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO), sowie den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetztes (GVG). Im Wesentlichen lässt sich das Strafverfahren in fünf Bereiche gliedern:
- das Ermittlungsverfahren,
- das Zwischenverfahren,
- das Hauptverfahren,
- das Rechtsmittelverfahren und
- das Vollstreckungsverfahren.
Das Strafverfahren kann ein langwährender und komplizierter Prozess sein, in welchem die Hinzuziehung eines Strafverteigers ratsam ist.
Das Ermittlungsverfahren als Ausgangspunkt des Strafverfahrens
Der Ausgangspunkt für ein jedes Strafverfahren ist das Ermittlungsverfahren. Dieses richtet sich nach den §§ 160 ff. StPO. In Deutschland werden nach dem sogenannten Legalitätsprinz Delikte nach Anzeige oder hinreichendem Tatverdacht von Amts wegen verfolgt. Nur in wenigen Ausnahmefällen muss der Geschädigte einen Antrag auf Strafverfolgung stellen, so zum Beispiel bei Diebstählen innerhalb der Familie oder dem Diebstahl geringwertiger Sachen. Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft ist die Herrin des Ermittlungsverfahrens. Von dieser sind belastende aber auch entlastende Beweise zu ermitteln. Auch wenn die Staatsanwaltschaft die Verantwortliche im Ermittlungsverfahren ist, werden die Ermittlungen selbst in der Regel von Polizeibeamten durchgeführt. In diesem Stadium des Strafverfahrens ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass alle belastenden Beweise ordnungsgemäß erhoben werden. Sollte dies nicht der Fall sein, kann der Strafverteidiger dies später rügen.
Das Ermittlungsverfahren kann auf verschiedene Arten enden:
Das Verfahren wird eingestellt.
Es ergeht ein Starfbefehl.
Es ergeht eine Anklage.
Die Einstellung des Strafverfahrens
Der für den Tatverdächtigen günstigste Fall ist die Einstellung des Strafverfahrens. Diese wird der Strafverteidiger anregen, wenn die Staatsanwaltschaft keine hinreichenden Beweise vorbringen kann, welche eine Anklage rechtfertigen würden. Wird der Anregung des Strafverteidigers gefolgt, wird das Verfahren gemäß § 170 II StPO eingestellt.
Sollte die Beweislage einen Antrag auf eine Einstellung des Verfahrens nach § 170 II StPO nicht zulassen, wird sich der Strafverteidiger in Fällen kleinerer Verstöße gegen die Rechtsordnung bemühen, das Strafverfahren nach § 153 I StPO wegen Geringfügigkeit einstellen zu lassen. Dies ist aber nur möglich, wenn kein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.
Sollten diese beiden Optionen nicht in Frage kommen, gibt es noch die Chance auf die Einstellung des Verfahrens gegen Auflage nach § 153 a StPO. Als Auflage kommt im Strafverfahren beispielsweise die Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung, das Ableisten von „Sozialstunden“, ein sogenannter Täter-Opfer-Ausgleich oder die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs in Betracht. Ein fachkundiger Strafverteidiger hat Erfahrung in der Aushandlung von einer Einstellung gegen Auflage und wird die Interessen seines Mandanten bestmöglich vertreten. Denn auch wenn die Auflagen unangenehm erscheinen mögen, hat eine Einstellung des Verfahrens Vorteile:
Zum Beispiel gilt hier immer noch die Unschuldsvermutung, so dass das Verfahren weder im Bundeszentralregister noch im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen wird. Der Beschuldigte gilt weiterhin als nicht vorbestraft. Eine Zustimmung des Angeklagten zu einer Einstellung gegen Auflage nach § 153a StPO bedeutet auch kein Schuldeingeständnis. Zudem ist es schwieriger, das Ermittlungsverfahren später wieder aufzunehmen.
Der Beginn des Zwischenverfahrens durch Erhebung der Anklage
Sollte die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren belastende Beweise gesammelt haben und eine Einstellung des Verfahrens nicht erfolgt sein, wird gegen den Beschuldigten Anklage erhoben.
Mit der Erhebung der Anklage beginnt das sogenannte Zwischenverfahren. Gemäß § 201 I StPO hat der zuständige Richter die Anklageschrift dem Angeschuldigten zu übersenden und diesem die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Im Zwischenverfahren verbleiben dem Strafverteidiger noch wichtige Optionen, um die Eröffnung des Hauptverfahrens zu verhindern oder die Anklage zu Gunsten des Beschuldigten zu modifizieren. Es können beispielsweise Beweisanträge gestellt werden, um die Aktenlage – welche eine wichtige Beurteilungsgrundlage für die Richter bildet – positiv zu beeinflussen. Verneint das Gericht daraufhin das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts, lehnt es die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Eine vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 205 StPO kommt ferner in Betracht, wenn ein vorübergehendes Hindernis in der Person des Angeschuldigten, insbesondere dessen Abwesenheit, der Durchführung des Hauptverfahrens entgegensteht. Durch die vorläufige Einstellung ist es dem Strafverteidiger unter Umständen möglich Zeit zu gewinnen und weitere entlastende Beweise zu sammeln.
Die Beendigung des Strafverfahrens durch Erlass eines Strafbefehls
In Fällen leichter Kriminalität kann die Staatsanwaltschaft beantragen das Verfahren durch Strafbefehl zu beenden. Das Besondere an einem Strafbefehl ist, dass hier eine Verurteilung des Angeschuldigten ohne vorherige Verhandlung erfolgt. Die Beendigung durch Strafbefehl soll vor allem die Gerichte entlasten. Dies ist aber nur bis zu einem Strafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe möglich, aber auch nur, wenn dieses zur Bewährung ausgesetzt wird.
Ein Strafverteidiger kann dann gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen. Daraufhin wird regelmäßig eine mündliche Hauptverhandlung angesetzt. Bei Einsprüchen, welche eine Begründung enthalten, ist jedoch auch eine Verfahrenserledigung durch Klagerücknahme der Staatsanwaltschaft oder die Einstellung des Verfahrens durch das Gericht möglich. Unter bestimmten Umständen kann die Beendigung durch Strafbefehl auch für den Angeschuldigten vorteilhaft sein, beispielsweise um weitere Prozesskosten zu sparen. Ein fachkundiger Anwalt wird wissen, welche im Einzelfall die beste Option darstellt.
Der Verlauf des Hauptverfahrens und die Hauptverhandlung
Das Hauptverfahren beginnt mit der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung durch den Eröffnungsbeschluss. Der wohl wichtigste Teil des Hauptverfahrens ist die Hauptverhandlung. Diese dient dazu, dass sich das Gericht einen persönlichen Eindruck vom Angeklagten, den Zeugen und sonstigen Beweismitteln verschaffen kann. Die Hauptverhandlung beginnt mit Fragen zur Person des Angeklagten und der Verlesung der Anklageschrift. Anschließend erfolgt die Beweisaufnahme – etwa durch Anhörung von Zeugen und Sachverständigen. Danach folgt das Plädoyer des Staatsanwalts und des Strafverteidigers. Vor der Urteilverkündung hat der Angeklagte das letzte Wort.
In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte einige Rechte, wie beispielsweise das Recht zu schweigen oder das Beweisantragsrecht. Der Strafverteidiger wird dafür Sorge tragen, dass all diese Rechte wahrgenommen und von Richter und Staatsanwaltschaft geachtet werden. Auch bietet die Hauptverhandlung dem Strafverteidiger die Möglichkeit, durch geschickte Argumentation das Gericht zu überzeugen. Ferner kann er Zeugen befragen und bei Missachtung der Prozessrechte durch die Staatsanwaltschaft einschreiten. Bis zur Verkündung des Urteils ist auch im Rahmen der Hauptverhandlung noch eine Einstellung des Verfahrens möglich, zum Beispiel, wenn sich die Schuld des Angeklagten unter Berücksichtigung der erfolgten Beweisaufnahme als weniger schwerwiegend herausstellt. Sollte keine Einstellung des Verfahrens erfolgen, wird das Gericht nach einer Beratung das Urteil verkünden.
Berufung oder Revision? Die Einlegung von Rechtsmitteln im Strafverfahren
Nach ergangenem Urteil sind die Prozessmöglichkeiten noch nicht erschöpft, es gibt nun die Möglichkeit Berufung oder Revision einzulegen. Welches von beiden das geeignete Rechtsmittel ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob in der ersten Instanz vor einem Amtsgericht oder einem Landgericht verhandelt wurde. Das Amtsgericht ist in erster Instanz immer dann zuständig, wenn nicht mit einer Freiheitsstrafe von über vier Jahren oder einer Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung zu rechnen ist. Wird gegen das Urteil des Amtsgerichts dann Berufung eingelegt, wird das Verfahren komplett neu aufgerollt. Es können neue Beweise hervorgebracht werden, außerdem ist das Gericht nicht an die Würdigung der Beweislage durch das erstinstanzliche Gericht gebunden. Ein Urteil des Amtsgerichts kann jedoch auch mit der sogenannten Sprungrevision angefochten werden.
Landgerichtliche Urteile können hingegen nur mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden. Die Revision ist im Gegensatz zur Berufung keine neue Tatsacheninstanz, hier wird lediglich auf Verfahrensfehler sowie die korrekte Anwendung des materiellen Rechts in der Vorinstanz überprüft.
Die Einlegung der Rechtsmittel ergibt für den Strafverteidiger nochmal eine bessere Möglichkeit der Verteidigung: Da er nun die Würdigung des Gerichts kennt, kann gegen diese nochmal gezielt argumentiert werden.
Das Vollstreckungsverfahren
Sind die Rechtsmittel nicht erfolgreich gewesen, oder ist das Urteil durch Auslauf der Frist rechtskräftig geworden, wird das Urteil vollstreckt. Vollstreckt werden am häufigsten Geld- oder Freiheitsstrafen, aber auch Maßregeln der Besserung und Sicherung wie etwa die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, und schließlich auch Maßnahmen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Zuständig für die Strafvollstreckung ist die Justizverwaltung. Auch während der Vollstreckung ist die Beratung durch einen Strafverteidiger ratsam. Er kann beispielsweise behilflich sein, Ihre Rechte im Strafvollzug wahrzunehmen und eine vorzeitige Freilassung erwirken.
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