Der Straftatbestand der Körperverletzung mit Todesfolge ist eine Kombination aus der vorsätzlich begangenen Körperverletzung gemäß § 223 StGB und der fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB. Man spricht von einer Erfolgsqualifikation, wobei der Beschuldigte mit Wissen und Wollen die Körperverletzung begangen haben muss und dem hinsichtlich des Todeseintritts ein außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nachzuweisen ist.
Die Existenz der Körperverletzung mit Todesfolge führt dazu, dass der Strafrahmen bei mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe liegt und somit eine Höchststrafe von maximal 15 Jahren zu erwarten ist. Ohne § 227 StGB würde bei einer vorsätzlichen Körperverletzung und einer fahrlässigen Tötung lediglich ein Strafrahmen von maximal fünf Jahren zu erwarten sein.
Für die Frage, ob eine Strafbarkeit nach § 227 StGB in Betracht kommt oder ob der Beschuldigte ,,nur“ mit einer Strafbarkeit nach §§ 222, 223 StGB rechnen muss, bedarf es einer konsequenten Strafverteidigung, die ein Fachanwalt für das Strafrecht mit langjähriger Erfahrung jederzeit bietet. Dabei muss nämlich beachtet werden, dass bei einer fahrlässigen Tötung, anders als bei der Körperverletzung mit Todesfolge, noch Bewährung möglich ist.
Vorkommen in der Rechtswirklichkeit
Die erfassten Zahlen zur Körperverletzung insgesamt belaufen sich laut Statistik der Polizei auf 554.635 Fälle für das Jahr 2018 und sind damit geringfügig niedriger als noch im Jahr 2016 mit 573.450 Zahlen. Zum Vergleich, im Jahre 2018 wurden 386 Morde festgestellt. Die Zahlen zu § 227 StGB sind nicht explizit erfasst. Bedenkt man, dass sich die Körperverletzung mit Todesfolge im Spannungsfeld zwischen Körperverletzung und Totschlag, bzw. Mord bewegt und dass ein fahrlässiges Tun oder Handeln wesentlich schneller im Alltag passiert, dürften die Zahlen jedenfalls wesentlich höher sein als beim Mord.
Die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Körperverletzung mit Todesfolge
Die Tatbestandsmerkmale sind in objektive und subjektive Komponenten einzuteilen. Im objektiven Tatbestand wird inzident die Körperverletzung nach § 223 StGB geprüft, es muss also eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsgefährdung als Taterfolg vorliegen. Eine körperliche Misshandlung liegt vor, sofern der Geschädigte Schmerzen erleidet. Eine Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen eines krankhaft pathologischen Zustandes.
Hinsichtlich des Eintritts eines Todeserfolgs wird § 222 StGB geprüft, womit sich die Kombination beider Straftatbestände erklärt.
Wichtig ist, dass dem Beschuldigten ein spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen dem Grunddelikt Körperverletzung und der schweren Folge ,,Tod eines anderen Menschen“ nachgewiesen werden kann. Hierbei sind insbesondere die Kausalität und der Schutzzweck der Norm zu prüfen.
In subjektiver Hinsicht wird Vorsatz in Hinblick auf das Grunddelikt geprüft. Dem Beschuldigten muss nachgewiesen werden, dass er die Körperverletzung zumindest billigend in Kauf genommen hat oder sogar absichtlich gehandelt hat.
Gemäß § 18 StGB bedarf es für den Tod als schwere Folge Fahrlässigkeit. Wie schon oben dargestellt, ist Fahrlässigkeit das außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt.
Etwaige Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind bei § 227 StGB zu berücksichtigen, insbesondere die Notwehr gemäß § 32 StGB spielt eine Rolle. Wehrt sich der Beschuldigte gegen einen Angreifer und kommt dieser dabei ungewollt zu Tode, etwa durch einen Sturz auf den Hinterkopf, dann bleibt der Beschuldigte bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale gemäß § 32 StGB straffrei.
Die Probleme im Tatbestand
Einfallstore für eine erfolgreiche Verteidigung sind regelmäßig die Ursächlichkeit der Körperverletzung für den Todeseintritt sowie die Frage, ob der spezifische Gefahrzusammenhang vorliegt. Da § 227 StGB dem Wortlaut nach eine Kombination aus §§ 222, 223 StGB darstellt, der Strafrahmen aber weitaus höher ist, muss es ein Regulativ für die erhebliche Strafrahmenverschiebung geben.
Hinsichtlich des Vorsatzes kann auch problematisch sein, ob der Beschuldigte mit bedingtem Vorsatz handelte oder eventuell doch nur mit bewusster Fahrlässigkeit. Bei einer fahrlässigen Körperverletzung wäre der Beschuldigte jedenfalls nur gemäß §§ 222, 223 StGB verdächtig, der Strafrahmen läge bei Eintritt des Todes bei maximal fünf Jahren, ohne Eintritt eines Todes bei maximal drei Jahren und somit jeweils im Bereich einer möglichen Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung.
Die Abgrenzung der bewussten Fahrlässigkeit zum bedingten Vorsatz ist ein schmaler Grat und kann in Einzelfällen ebenso als Einfallstor für eine erfolgversprechende Verteidigung dienen.
Der minder schwere Fall der Körperverletzung mit Todesfolge
Wie dargelegt, entfällt bei Bejahung der Körperverletzung mit Todesfolge in der Regel die Möglichkeit, eine Freiheitsstrafe noch zur Bewährung aussetzen zu können. Die absolute Grenze liegt hier bei zwei Jahren Freiheitsstrafe. Bei Vorliegen eines sogenannten minder schweren Falles besagt der Wortlaut gemäß § 227 Abs. II StGB, dass die Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren liegt. Bewährung wäre somit möglich. Sofern dem Beschuldigten die Straftat nachgewiesen werden kann, sollte die Verteidigung darauf abzielen, einen minder schweren Fall darzulegen. Dies ist als geringeres Übel im Sinne des Beschuldigten.
Nach der Rechtsprechung soll ein minder schwerer Fall anzunehmen sein, wenn die mildernden Faktoren im Rahmen einer Gesamtabwägung die erschwerenden Faktoren wesentlich überwiegen, weswegen die Anwendung des hohen Strafrahmens gemäß § 227 Abs. I StGB unverhältnismäßig erschiene. Mildernde Faktoren können etwa die andauernde häusliche Gewalt unter Eheleuten sein, das anhaltende Mobbing oder erhebliche Provozieren.
Bei der Abwägung sind jedenfalls alle Umstände zu berücksichtigen, die zur Tat geführt haben. Gemeint sind damit auch äußere Einflüsse, die nicht unmittelbar zum Tatbestand gehören. Es zeigt sich somit, dass im konkreten Einzelfall ein minder schwerer Fall bejaht werden kann, sofern es zur vorgeworfenen Tat eine Vorgeschichte zwischen den Beteiligten gab.
Der Unterschied zu Mord und Totschlag
Der markanteste Unterschied zu Mord und Totschlag ist sicherlich, dass dem Beschuldigten keine vorsätzliche Tötung vorgeworfen wird. Die Körperverletzung mit Todesfolge kann aufgrund ihrer fahrlässigen Komponente im Alltag schnell gegeben sein, während es bei Mord und Totschlag auch die Bejahung eines Tötungsvorsatzes bedarf. Deswegen ist der Strafrahmen bei §§ 211, 212 StGB auch weitaus höher, der Mord wird mit einer absoluten Strafandrohung von mindestens 15 Jahren bestraft, der Totschläger muss mit wenigstens fünf Jahren Freiheitsstrafe rechnen. Bei besonders schweren Fällen muss auch der Totschlag gemäß § 212 Abs. II StGB mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Dabei sind dieselben Abwägungen anzustellen, wie bei dem minder schweren Fall gemäß § 227 Abs. II StGB.
Bei dieser Unterscheidung zeigt sich, wie wichtig es für den Beschuldigten ist, dass ihm hinsichtlich der schweren Folge ,,Tod eines anderen Menschen“ auf keinen Fall Vorsatz vorgeworfen wird. Eine fachlich versierte Verteidigung durch einen Strafverteidiger ist hier unerlässlich.