Der Vorwurf des Cybergroomings wiegt schwer: Schon der Verdacht kann berufliche, private und gesellschaftliche Konsequenzen haben. Oft erfahren Betroffene erst durch eine Hausdurchsuchung oder eine polizeiliche Vorladung, dass gegen sie ermittelt wird. In diesen Momenten ist schnelles und besonnenes Handeln entscheidend.

Cybergrooming ist nicht nur ein juristisch komplexes, sondern auch ein gesellschaftlich sensibles Thema. Es berührt Fragen von Kinderschutz, Medienkompetenz und digitaler Verantwortung besonders im Internet. Während für Beschuldigte die rechtliche Verteidigung im Vordergrund steht, ist für Eltern und Kinder die Prävention entscheidend – denn Täter nutzen zunehmend soziale Netzwerke, Online-Games und Messenger, um Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen.
Dieser Beitrag erklärt, was Cybergrooming rechtlich bedeutet, wie Ermittlungsverfahren ablaufen, welche Strafen drohen und wie eine erfahrene Strafverteidigung helfen kann. Außerdem finden Sie Informationen zu Prävention und Aufklärung, damit Kinder und Jugendliche im Internet besser geschützt sind.
Inhaltsverzeichnis:
- Was bedeutet Cybergrooming?
- Gesetzliche Grundlage und Tatbestand (§ 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB)
- Wie Cybergrooming auffällt
- Ermittlungsverfahren: Hausdurchsuchung, Vorladung & Akteneinsicht
- Welche Strafen drohen bei Cybergrooming?
- Einstellungsmöglichkeiten des Verfahrens
- Hilfe und Prävention – Tipps für Eltern und Jugendliche
- Fazit
- Häufige Fragen (FAQ)
Was bedeutet Cybergrooming?
Der Begriff Cybergrooming (deutsch: Anbahnung im Internet) beschreibt das gezielte Herantreten an Kinder oder Jugendliche über digitale Kommunikationswege, um sexuelle Kontakte vorzubereiten oder zu initiieren.
Dabei nutzen Täter häufig Chats, Messenger, soziale Netzwerke, Online-Spieleplattformen oder Video-Plattformen, um das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen.
Das Ziel besteht darin, Minderjährige zu sexuellen Handlungen zu motivieren, sie zu veranlassen, Bilder oder Videos zu senden oder gar persönliche Treffen zu vereinbaren. Die Kommunikation wirkt dabei zunächst oft harmlos.
Typische Kanäle für Cybergrooming
- Messenger Diensten wie WhatsApp, Snapchat oder Telegram
- Soziale Netzwerke wie TikTok, Instagram oder Discord
- Online-Spieleplattformen, bei denen man online spielt und chatten kann (z. B. Fortnite, Roblox, Minecraft)
- Videoportale wie YouTube oder Streaming-Plattformen
Schon die Kontaktaufnahme mit der Absicht, ein Kind zu sexuellen Handlungen zu motivieren kann strafbar sein – selbst wenn es nie zu einem tatsächlichen Treffen oder sexuellen Kontakt kommt.
Gesetzliche Grundlage und Tatbestand (§ 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB)
Cybergrooming ist im § 176 Abs. 4 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und zählt zum Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern.
Die Vorschrift wurde eingeführt, um auch bereits vorbereitende Handlungen unter Strafe zu stellen, die im digitalen Raum stattfinden, also bevor es zu einer tatsächlichen sexuellen Handlung kommt.
Nach dem Gesetz macht sich strafbar, wer auf ein Kind mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie einwirkt, also zum Beispiel über Chats, soziale Netzwerke, Messenger Diensten oder digitale Spieleplattformen, mit der Absicht, das Kind zu sexuell motivierten Kontakten oder Handlungen zu bewegen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einem sexuell motivierten Kontakt oder einem Treffen kommt. Bereits die Kontaktaufnahme mit der entsprechenden Absicht genügt für die Strafbarkeit. Der Strafrahmen reicht von einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Wichtig ist jedoch: Der bloße Versuch des Cybergroomings – also wenn die Handlung nicht vollendet wurde oder ein Kind gar nicht existierte, weil zum Beispiel ein verdeckter Ermittler im Spiel war – ist nach aktueller Rechtslage nicht strafbar.
Wie Täter vorgehen
Täter suchen gezielt Kontakt zu Minderjährigen, oft unter falscher Identität. Sie geben sich als Jugendliche aus und versuchen, über gemeinsame Interessen – etwa Musik, Gaming oder Schule – eine emotionale Bindung aufzubauen.
Typische Phasen des Cybergroomings:
- Kontaktaufnahme beispielsweise über Chats, oder soziale Medien
- Vertrauensaufbau durch Komplimente, Aufmerksamkeit und persönliche Gespräche
- Isolierung – der Täter rät dem Kind, mit niemandem über den Kontakt zu sprechen
- Sexuelle Annäherung – schrittweise Thematisierung von Sexualität oder Körper
- Erpressung oder Belästigung – Drohungen mit der Veröffentlichung von Bildern oder Nachrichten
Viele Täter nutzen psychologische Manipulation, um Kinder emotional abhängig zu machen.
Daher ist es wichtig, dass Eltern und Jugendliche die Gefahren im Netz kennen und über mögliche Risiken von Online-Kontakten aufgeklärt werden.

Mehr zum Thema Sexualdelikte nach § 177 StGB lesen Sie in diesem Beitrag.
Wie Cybergrooming auffällt
Der Verdacht auf Cybergrooming entsteht häufig durch:
- verdächtige Nachrichten in Chats oder Messenger,
- auffällige Kontakte in Online-Spieleplattformen oder sozialen Netzwerken,
- Meldungen von Eltern, Schulen oder Medienanstalten, etwa im Rahmen von Projekten wie klicksafe oder anderen Programmen zur Förderung der Medienkompetenz,
- Ermittlungen durch sogenannte agent provocateurs (verdeckte Ermittler, die sich als Minderjährige ausgeben).
Über IP-Adressen lassen sich Online-Kontakte in vielen Fällen eindeutig zurückverfolgen.
Täter können so auch nach Monaten identifiziert werden.
Ermittlungsverfahren: Hausdurchsuchung, Vorladung & Akteneinsicht
Beschuldigte erfahren vom Tatverdacht wegen Cybergrooming meist erst durch eine Hausdurchsuchung oder eine polizeiliche Vorladung. Im Rahmen der Ermittlungen werden häufig:
- Computer, Handys und Speichermedien beschlagnahmt,
- Chats, Bilder und Videos ausgewertet,
- IP-Adressen und Online-Profile überprüft.
Wichtige Hinweise für Beschuldigte:
- Machen Sie keine Aussage ohne anwaltliche Beratung.
- Sie dürfen die Aussage verweigern und sollten davon Gebrauch machen.
- Ihr Anwalt kann Akteneinsicht beantragen, um die Vorwürfe zu prüfen.
- Eine schriftliche Stellungnahme über den Anwalt ist oft die beste Verteidigungsstrategie
Ein frühzeitiger Kontakt zu einem Fachanwalt für Strafrecht kann entscheidend sein, um Verfahrensfehler zu vermeiden und auf eine Einstellung des Verfahrens hinzuwirken.
Welche Strafen drohen bei Cybergrooming?
Cybergrooming wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Der Versuch bleibt straflos – dennoch kann schon der Vorwurf schwer wiegen.
Mögliche Konsequenzen:
- Verlust des Arbeitsplatzes oder Berufsverbots
- Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis
- Soziale Stigmatisierung und Ausschluss aus Vereinen
- Psychische Belastung und öffentlicher Druck durch Medienberichte
Rechtliche Hilfe bei Cybergrooming
Vorladung erhalten? Lassen Sie den Vorwurf frühzeitig von einem erfahrenen Fachanwalt prüfen.

Einstellungsmöglichkeiten des Verfahrens
Ein erfahrener Strafverteidiger prüft in jedem Fall, ob eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden kann. Eine Einstellung ist insbesondere dann möglich, wenn kein hinreichender Tatverdacht besteht, also die vorliegenden Beweise nicht ausreichen, um eine Verurteilung zu erwarten. In einem solchen Fall kann die Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO das Verfahren einstellen.
Auch wenn die Tat nur von geringer Bedeutung ist oder die Schuld als gering einzustufen wäre, kann das Verfahren nach § 153 StPO eingestellt werden. In diesen Fällen geschieht die Einstellung häufig ohne Auflagen, was bedeutet, dass der Beschuldigte keine weiteren Konsequenzen zu befürchten hat.
Darüber hinaus besteht nach § 153a StPO die Möglichkeit, das Verfahren gegen Auflagen oder Weisungen vorläufig einzustellen. Typische Auflagen können eine Geldzahlung an eine gemeinnützige Einrichtung, die Teilnahme an einer Beratung oder Schulung oder das Einhalten bestimmter Verhaltensauflagen sein. Wenn diese erfüllt werden, wird das Verfahren endgültig eingestellt und eine Hauptverhandlung vermieden.
Das Ziel einer qualifizierten Verteidigung ist es stets, eine öffentliche Hauptverhandlung zu vermeiden, da diese für Beschuldigte besonders belastend sein kann – sowohl psychisch als auch sozial. Eine Einstellung des Strafverfahrens bedeutet in der Regel, dass keine Vorstrafe entsteht und der Betroffene als nicht vorbestraft gilt.
Hilfe und Prävention – Tipps für Eltern, Kinder und Jugendliche
Cybergrooming betrifft Kinder und Jugendliche gleichermaßen. Um Risiken im Internet zu vermeiden, können Eltern und Erziehungsberechtigte durch einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen viel zum Schutz ihrer Kinder beitragen. Ziel ist es, die Medienkompetenz zu stärken und das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern zu fördern.
Wichtige Präventionstipps:
- Offen über das Thema Cybergrooming sprechen : Kinder und Jugendliche sollten wissen, dass sie sich bei unangenehmen Kontakten oder Nachrichten jederzeit an ihre Eltern wenden dürfen – ohne Angst vor Schuldzuweisungen.
- Privatsphäre-Einstellungen prüfen: In sozialen Netzwerken, auf Plattformen wie YouTube, TikTok oder in Online-Spielen sollte der Zugriff auf persönliche Informationen eingeschränkt werden.
- Keine persönlichen Daten preisgeben: Namen, Adressen, Telefonnummern oder Angaben zur Schule sollten von Kindern und Jugendlichen niemals an unbekannte Personen weitergegeben werden.
- Verdächtige Kontakte oder Nachrichten dokumentieren: Chats, Bilder oder Nachrichten, die beunruhigend wirken, sollten gesichert und bei Bedarf der Polizei oder einer Beratungsstelle gemeldet werden.
- Gemeinsame Online-Zeit verbringen: Eltern sollten Interesse am Online-Verhalten ihrer Kinder zeigen, etwa durch gemeinsames Spielen oder Erkunden von Lernplattformen.
- Vertrauen stärken: Kinder, die wissen, dass sie über alles sprechen dürfen, sind besser geschützt. Eine offene Kommunikation ist der wirksamste Schutz vor Tätern.
Darüber hinaus bieten zahlreiche Initiativen, Beratungsstellen oder Online Angebote – etwa die Medienanstalten der Länder, die Polizei, die EU-Initiative klicksafe oder die Nummer gegen Kummer – Informationsmaterialien, Online-Kurse und Hilfsangebote für Eltern und Kinder an.
Vertrauen ist der beste Schutz: Kinder, die ohne Angst über unangenehme Situationen sprechen können, sind deutlich besser vor Tätern geschützt.

Mehr zum Thema Kindesmissbrauch lesen Sie in diesem Beitrag.
Fazit
- Cybergrooming ist eine ernstzunehmende Gefahr im Internet, die Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene betrifft.
- Der Vorwurf nach § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB bedeutet nicht automatisch eine Verurteilung – jeder Fall muss individuell geprüft werden.
- Ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht kann die Situation rechtlich bewerten, entlastende Beweise identifizieren und häufig eine Einstellung des Verfahrens erreichen.
- Wer eine Vorladung wegen Cybergrooming erhält, sollte keinesfalls vorschnell handeln, sondern sofort anwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen.
- Eine frühzeitige Verteidigung ist oft entscheidend, um negative Folgen – sowohl strafrechtlich als auch persönlich – zu vermeiden.
Häufige Fragen (FAQ)
Bildquellenanchweis: Yazid Nasusha I Canva.com
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